Seite:Wilhelm Löhe - Rosen-Monate heiliger Frauen.pdf/255

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Thränen, daß in der ganzen Stadt kein schändlicheres Weib zu finden sei, als sie. Als der Bischof merkte, was der HErr für Wunder wirke, fuhr er schnell mit Troste zu und that weislich daran, denn der HErr hatte sich aufgemacht, die Buhlerin zu retten und sie zu einem leuchtenden Denkmale seiner Gnade zu setzen. Hocherfreut eilte Afra zu ihren drei Mägden, Digna, Eunomia und Eutropia, und erzählte ihnen von dem Besuch und wie es ihr ergangen. Da drang die Gnade auch in die Herzen der Mägde, daß sie ihr einmüthig entgegen riefen: „Du bist unsere Herrin: waren wir die Genoßinnen deiner Missethaten, warum sollten wir dir nicht auch zur Verzeihung der Schuld folgen?“ Da war nun auf einmal das Buhlhaus zum Gotteshaus verwandelt. Die frommen Diener Jesu sangen tief in die Nacht hinein ihre Lieder und Psalmen, der Morgen kam unter Gesang und Gebet, und gelehrig gieng Afra mit ihren Mägden in die Lust der Heiligen ein und lernte in Einer Nacht nicht blos glauben, sondern auch beten und singen zum HErrn. – Am andern Tage merkte Afra, daß ihre Gäste Tags vorher bereits am Kreuzeszeichen in der Stadt erkannt seien, und daß die Häscher sie suchten. Da verbarg

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/255&oldid=- (Version vom 9.10.2016)