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Die Lebensläufe der ersteren Classe scheinen uns mehr anzugehören, als die späteren; wer für Christum leidet und stirbt, der ist unmisverständlich; das Blut des Martyriums mildert selbst in solchen Dingen das Urtheil der Nachwelt, in Anbetracht welcher man gegen Menschen, die nicht Märtyrer wurden, sehr scharf zu sein pflegt. Die zweite Classe von Lebensläufen, in welchen die mittelalterliche Ascetik vor unser betrachtendes Auge tritt, ist uns fremder: wir haben mehr zu überwinden, und wenn wir die bekannten selbsterwählten Wege der Heiligung fast allenthalben wiederfinden, so gibt das eine Monotonie, die uns widerwärtiger ist, als jene, welche wir in den Märtyrerprozessen der ersten Classe immer und immer wieder finden. Trotz dieser großen Verschiedenheit finden wir jedoch auch wieder zwischen beiden Classen tiefe und innere Einheit. Nicht blos erstrecken sich die Pfade der selbsterwählten Heiligung weit hinauf in die ersten Jahrhunderte und bis in die Tage der Märtyrer und Bekenner unter den römischen Kaisern, sondern es erstreckt sich auch umgekehrt von jenen uralten Zeiten bis tief ins Mittelalter herein ein Strom des Glaubens und der Liebe zu Jesu Christo, den man durchaus nicht verleugnen oder gar ableugnen darf,

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite XIV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/14&oldid=- (Version vom 26.9.2016)