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und sie erführen die Einwohnung des dreieinigen Gottes und erlöset würden von der Sünde, die ihnen angeboren war; – welche so sehr darauf hielten, daß sie getauft würden, daß sie im höchsten Notfall selbst denen, die nicht geordnet sind zu Haushaltern über Gottes Sakramente und Geheimnisse, sie selbst Weibern nach dem Vorbild des Alten Testaments in der Beschneidung erlaubt, ein sterbendes Kind zu taufen, damit es, obwohl unverloren auch ohne Taufe, dennoch rein gewaschen zu Christo in Sein Himmelreich käme! – Nein, nein! Bei dem ordnungsmäßigen, apostolischen Glauben der Väter bleiben auch wir und gebieten: „Lasset die Kindlein zu Ihm kommen!“


V.

 Eine weitere, allerdings wichtige Frage ist diese: Was wird durch die Taufe von der Sünde weggenommen, was nicht und warum nicht?

 1. Weggenommen, versenkt ins Meer, vertilgt, vergessen, im Himmel wird durch die Taufe die Schuld der Erb- und aller andern Sünden, welche der Täufling etwa begangen hat, so viel ist sicher und gewiß! Davon werden wir auch, ehe wir schließen, noch einiges reden müssen bei der letzten Frage.

 2. Aber nicht weggenommen wird die Wurzel der Sünde, Lust und Anfechtung. Diese bleibt auch bei dem Getauften und Gläubigen, ja, sie wird ihm um so beschwerlicher, weil er, gleichwie sie ihm vergeben ist, an ihr, als dem alten Menschen, nach dem inwendigen Menschen keine Freude mehr hat, sondern, wenn es möglich wäre und von ihm abhinge, am allerliebsten sie ein für allemal ertöten möchte. Denn diese übrigbleibende, uns anklebende Lust, Reiz, Lockung, Anfechtung und Versuchung, das ist es, was in der Schrift der alte Adam heißt – wie denn auch Luther, S. 669, im großen Katechismus sagt: „Was ist denn der alte Mensch? Das ist er, was uns angeboren ist von Adam, zornig, gehässig, neidisch, unkeusch, geizig, faul, hoffärtig, ja ungläubig, mit allen Lastern besetzt und der von Art kein Gutes an sich hat.“ Nicht, daß wir damit – oder daß Luther sagen wollte,