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und wie der Vater, nichts ist Seiner Liebe wert. Wie könnte ER anders, als den Vater, in dessen Schoß ER liegt, lieben: ER ist ja des Vaters Abglanz und Ebenbild – ER gleicht Ihm von Ewigkeit in allen Stücken, sollte ER Ihm in der Liebe nicht gleichen? Der Abglanz von des Vaters Herrlichkeit, das Ebenbild Seines Wesens, Sein Eingeborener ist Gott – Gott aber ist die Liebe! Stille alles Reden von Gottes des Vaters und Gottes des Sohnes ewiger Liebe! Sie ist verborgen. Wer davon reden will, der irrt und fehlt. Alles, was man sagen darf, ist, daß man von dieser Liebe anbetend unserm Text nachsprechen darf: „Gott ist die Liebe!“ Selbst wenn wir einst zum Schauen des HErrn gelangt sein werden, werden wir keine Sprache finden – des Vaters und des Sohnes Liebe zu beschreiben. Es wird in aller Menschen Herzen tönen: „Stille vor Ihm alle Welt!“ und ein Auge wird dem andern, eine Lippe der andern mit himmlischer, unaussprechlicher Wonne zurufen: „Gott ist die Liebe!“


II.

 2. Die Liebe des Vaters zu dem Sohne und des Sohnes zum Vater war von Ewigkeit verborgen und wird auch in Ewigkeit vor allen Kreaturen verborgen und unbegreiflich sein. Doch aber hat es dem Allerhöchsten gefallen, den gefallenen Menschen, so viel es ihnen ersprießlich ist, Seine Liebe zu dem Sohne – und dem Sohne, Seine Liebe zum Vater – zu offenbaren. Niemand kennet den Vater, als nur der Sohn und wem es der Sohn will offenbaren – und niemand kennet den Sohn, als nur der Vater und wem ER’s offenbaren will. In Christo JEsu ist es den Menschen offenbar geworden, daß Gott die Liebe ist.

 a) Wie sehr der Vater den Sohn liebet, ist offenbar in der Geschichte der Geburt unsers HErrn. ER baute Seinem eingeborenen Sohne, da ER Mensch werden wollte, einen heiligen Leib ohne Wandel – und da ER aus Seiner Kammer ans Licht der Welt trat, verherrlichte der Vater Seine Geburtsnacht aus herzinniger, wallender Liebe. ER selbst, der Vater, ist ewig unsichtbar – und Seine Freude