Seite:Wilhelm Löhe - Predigten für die festliche Hälfte des Kirchenjahres.pdf/479

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

einer Haushälterin über Gottes Geheimnisse und Schätze. Es ist keine Not der Seele, sie weiß einen Trost aus Gottes Wort, und ihr Trost ist allemal gut, wenngleich wir nicht allemal gut genug sind, ihn zu fassen. Sie leidet zwar mit ihren Kindern, aber sie wird niemals hingerissen; sie hat immer Vorrat und reicht dar zu jeder Stunde, auch in der letzten Stunde ist sie reich, und ihre Tröstungen sind niemals kräftiger, als eben da. Sie drückt uns die Augen in Hoffnung zu und bringt die zagenden Kinder lächelnd durch Thränen zu ihrer Ruhe. Sie fürchtet sich nicht, wenn ihre Kinder beim Entschlafen sich fürchten, weil’s dunkel und unwegsam wird. Ihr Bräutigam hat die Ausgänge des Todes, führt hinein und heraus, das weiß sie und freut sich, wenn ihre Kinder fürs Geistliche das Ewige eintauschen! Sie bleibt auf Erden, solange ihr Bräutigam bleibt, der zu ihr spricht: „Siehe, Ich bin bei euch bis ans Ende der Tage!“ Sie ist unsterblich und weiß, daß ihre Kinder auch unsterblich sind, und jubelt über den Gräbern, daß sie so sicher sind, und steckt über denselben das edle Kreuzeszeichen, das Siegeszeichen, auf! – O du gute Mutter Kirche, drück uns auch die Augen zu, wenn wir heimfahren, und befiehl uns dem ewigen Bräutigam zum Leben und ewigen Frieden! O drück auch mir die Augen zu und freue dich über meinem Grabe! O Vater und Heiland in des Himmels Thron, Dank, Dank im Namen aller Sterbenden, die schon gestorben sind, die jetzt sterben unter den Tröstungen der Kirche, die unter ihren Tröstungen sterben werden! Dank für die Tröstungen, welche Du unserer Mutter vergönnet hast zu unserm Besten! Füll uns unsere Herzen mit Glauben und heiligem Geist, daß wir sie fassen können, und wenn wir sie nicht mehr fassen können, dann laß nachwirken, was wir aus ihrem Munde haben, und Dein Geist vertrete uns mit unaussprechlichem Seufzen!


VI.

 Die Kirche ist endlich eine ewige und majestätische Mutter. Sie sitzt auf Erden an unserm Sterbebett und tröstet uns; sie freuet sich hier über unsern Gräbern, aber sie ist auch dort,