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der Geist des HErrn und sammelt sich Seine Gemeinde. Erkennet, wie thöricht der Wunsch ist, Engel reden zu hören, wie eitel der Wahn, daß man eher gläubig würde, wenn nicht sündige Menschen, sondern Engel predigten. Erkennet des HErrn Wege, welcher, auch wo ER Menschen sendet, erhaben ist über die Erde mehr, als der Himmel über die Erde erhaben ist. Erkennet aber auch endlich den Gehorsam des heiligen Diakonus Philippus. Es wird ihm nicht gesagt, was es auf der Straße von Gaza zu thun geben würde, er hatte sein Geschäft in seiner Heimat, das forderte seine Gegenwart. Er hätte sich weigern können, Wege zu gehen, auf denen er irdisch zu Schaden kommen mußte, aber er thut’s nicht, denn er ist ein Christ. Christen aber haben keinen andern Willen, als nur, Gottes Willen zu thun, und wenn des HErrn Wille ihrem Willen zuwider läuft, ihren Willen tötet, so erkennen sie es mit Dank! – O HErr, gieb uns Deinen Geist, daß wir Christen und gehorsam seien in unsern Wegen!

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 Also der Diakon, vom Engel gesandt, eilt, an Ort und Stelle zu kommen. Er weiß, er geht in des HErrn Geschäften, er überwindet Berg und Thal, er hält sich unterwegs nicht auf und sieht niemand an, predigt auch niemandem, seine ganze Sehnsucht und Kraft eilt auf die Straße hin, die von Jerusalem nach Gaza führt. Endlich kommt er hin und betritt sie, siehe, da rollt ein Wagen daher. Der Wagen ist prächtig, die Rosse stolz, aber der drauf sitzt mit schwarzem Angesicht, denn er ist aus dem Lande, wo die Sonne heißer brennt, der da sitzt, so vornehm er aussieht, er hat ein einfaches, einladendes Wesen, es ist der Schatzmeister der Königin, der Candace von Meroë. Der war auf dem Feste, und nun kehrt er wieder heim. Und horch, er kommt näher, er hat in seiner Hand eine Buchrolle und liest mit lauter Stimme. Philippus horcht und hört ihn lesen, jene hochberühmte Stelle aus dem 53. Kapitel Jesaias war’s, wo es heißt: „ER ist wie ein Schaf zur Schlachtung geführt und still wie ein Lamm vor seinem Scherer, also hat ER nicht aufgethan seinen Mund. In Seiner Niedrigkeit ist Sein Gericht erhaben, wer wird aber Seines Lebens Länge ausreden? Denn Sein