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Sohn und Geist in unsere Seelen, auf daß wir in Ihm leben, weben und seien.

 Ich erinnere euch an die großen Thaten der ewigen Barmherzigkeit Gottes, an das erste Pfingstfest. Einmütig betend waren die Jünger beisammen, da kam die Verheißung des Vaters, der heilige Geist fiel brausend auf sie, ihr Herz ward erneuert, ihr Glaube, ihre Liebe und Hoffnung gereinigt und gestärkt, und sie empfingen Zungen und Gaben.

 Ich erinnere euch an das in der Zeit fortwährende Pfingsten. Alle Feste feiern wir zum Gedächtnis geschehener Dinge, großer Begebenheiten im Leben JEsu, welche nur der geistlichen Bedeutung nach in uns erneuert werden können. Auch an ihnen erkennen wir in unserm und unserer Väter Namen Gottes Gnade. Pfingsten ist das einzige Fest, welches einen Anfang und kein Ende hat bisher und auch kein Ende haben wird in Ewigkeit. Der Pfingstgeist, welcher über die Jünger kam, webt auch jetzt noch durch die Welt hin und verherrlicht, unbekannt den Kindern der Welt, die Ihn nicht empfangen können, sich in vielen Seelen, die ER zum neuen Leben in Gott wiedergebiert. ER ist immer im Kommen, und wer da will, kann erneuert werden zum ewigen Leben. Zwar werdet ihr sagen: Wo sind die Zungen, die Flammen, die Wunder etc.? Aber ich antworte euch: Was liegt an Zungen, Flammen und Wundern? Diese Dinge sind nur außerordentliche Gaben des heiligen Geistes, die Gott zur Mehrung Seines Reiches gab und wieder geben kann; aber sie haben nie jemand selig gemacht, ja, viele sind hingefahren wie Bileam, und haben mit allen ihren Gaben den Lohn der Ungerechtigkeit empfangen. Ein Wunder ist nötig zur Seligkeit, und das ist in der Kirche, nämlich die neue Geburt der Seelen. Diese wirkt der heilige Geist und führt die Seelen zu ihr hindurch und behält sie in derselben nach der Ordnung des Heils. Viele Tausend verherrlichte Gotteskinder haben das Ende ihres Glaubens, die Seligkeit der Seele, schon erreicht und danken Ihm vor Seinem Thron, daß Seine Barmherzigkeit ewig währt! Diese hat der Geist dorthin geführt! – Viele, ja, Gott gebe! viele Sterbende liegen in