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arbeite“ lautet eben so und nicht: „Arbeite und bete,“ weil es dein Beten die erste, der Arbeit die zweite Stelle einräumt, weil die Arbeit der Hände unter dem Gebet des Herzens fortgehen soll. Es ist gewiß, daß man unter der Hände Arbeit beten kann, weil man auch mit dem Herzen beten kann, während der Kopf Denkarbeit vornimmt, und das Denken in fremdartiger Wissenschaft wäre, dächte ich, doch noch störender fürs Beten, als die Händearbeit. Ein Geheimnis ist’s, das gebe ich zu. Wenige verstehen es, und unter denen, die es verstehen, übt es in diesem sündhaften Leben keiner treu. Aber das ist uns keine Entschuldigung, vielmehr sollten wir nach dem Verständnis und treuer Übung dieses Geheimnisses aufs eifrigste trachten. Die größte Freude sollte es uns sein, es zu üben, wenn wir’s verstehen, denn wir reden betend mit unserm Vater im Himmel. Da nun Kinder nichts lieber thun, als mit ihrem Vater reden, so sollte uns das Gebot: „Betet ohne Unterlaß!“ nicht ein strenger, widriger Befehl, sondern eine herzlich willkommene Erlaubnis sein; denn wir sollen das Recht haben, mit unserm lieben himmlischen Vater ohne Unterlaß zu reden. Trauern sollte unsere kindliche Liebe, daß wir in diesem unvollkommenen Leben dies Gebot nicht halten können, diese Erlaubnis nicht allezeit zu benutzen vermögen. Daß wir aber darob verdrießlich werden, als über ein unerträgliches Joch, zeigt an, daß wir den Vater und den Umgang mit Ihm nicht lieben, daß wir an Seiner Brust, in Seinem Schoße noch nicht eingewohnt sind!

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 Vielleicht sagt eins oder das andere unter euch: „Wie aber, wenn beten bitten heißt und man bittet ohne Unterlaß, so kommt man ja nie zu Dank und Lob.“ Antwort: Es ist nie ein Gebet, wenn’s rechtschaffen ist, ohne Dank und keins ohne Lob, sondern die drei durchdringen sich im Christenherzen also, daß keins die andern jemals ganz allein läßt, wenngleich auch je nach Umständen eins vorherrscht. Du magst also gleich beten, so mußt du doch schon, wie dort JEsus am Grabe Lazari, wenn du gläubig bist, für die Erhörung danken, ehe du sie spürst; ja dein Amen ist schon ein Dank und ein Lob dazu, denn du giebst Gott die Ehre. Und so