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sondern ihm der HErr schon gleichsam eine Leichenrede und einen Nachruhm giebt. Denn was ist’s anders, wenn der HErr nach dem Weggang der Jünger Johannis sich zum Volke wendet und Johannes lobt, als der Nachruhm und die Leichenrede eines Dahingegangenen? Er war nicht das Licht, wohl aber zeugete er vom Lichte treu. Lasset uns Johannis Leichenrede aus Jesu Munde näher betrachten, auf daß wir desto gewisser sagen: Johannes ist begraben, so muß Christus leben. Jener mußte abnehmen, dieser mußte zunehmen! Das Lob, welches ihm erteilt wird, ist ein vierfaches – nämlich in Rücksicht auf das Volk, dem er predigte – in Rücksicht auf ihn selbst – in Rücksicht auf Gott – in Rücksicht auf Christum.

 a) Als Johannes in der Wüste taufte und sein Gerücht erscholl ins Land, ging alles Volk zu ihm hinaus. Da sie hinausgingen, begehrten sie einen solchen Prediger, der gewaltig predigte, ohne ihnen selbst weh zu thun; die Vornehmen gönnten den Niedrigen, diese den Vornehmen, jeder dem andern ein ernstes Wort, er aber – meinte jeder – sei untadelig. Da sie aber hinauskamen, siehe, da fragte Johannes nicht nach den Vornehmen und Geringen und den Wünschen derselben, er sah in ihnen lauter Sünder; er war wie Ein Mann wider alle, ein gerechter Prediger der Buße, dazu er berufen war. Er begehrte, daß sich alle in seine Predigt schicken sollten, denn sie war göttlich, und wollte sich selbst mit seiner Predigt zwar nach den Sünden und Bedrängnissen jedes Standes, aber nicht nach den Wünschen der Leute richten. Er war eine eherne Predigt, ein Fels des Wortes – und wich von seinem Berufe nicht rechts noch links, seine Zuhörer mochten schelten oder loben. Diesen seinen Lebenslauf überschaute Christus – freute sich innig und fing an zu predigen: „Was seid ihr hinausgegangen etc. Eure Wünsche können wohl solche bewegen, die das Eure suchen für sich, aber Johannes sucht felsenfest euch selbst, Euer Heil! Er ist kein Rohr.“

 Das war Johannis Lob aus JEsu Munde rücksichtlich seines Benehmens gegen das Volk.