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in der Welt nichts geachtet sind: ER sollte die Albernen weise machen.

 2. Das sollte sein, der da kommen sollte – und nun sandte Johannes von seinem Gefängnis zu JEsu und ließ Ihn fragen: „Bist Du’s? Bist Du, der da kommen soll, oder bist Du’s nicht?“

 Wie kommt nun der Täufer zu dieser Frage? Was ihm längst göttliche Gewißheit gewesen war, das bezweifelt er nun, darüber wirft er erst wieder Fragen auf – und im Kerker zu Machärus, wo man hätte denken sollen, sein einziger Trost sei der gewesen, daß JEsus sei der Christ und er der Vorläufer Christi? – Als Johannes noch im Mutterleibe war und seines Heilands Mutter zu seiner Mutter kam, ward er schon des heiligen Geistes voll und hüpfte im Leibe seiner Mutter. Als er größer war, begegnete ihm in der Wüste der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und offenbarte ihm die Zukunft des Messias: „Über welchen du wirst sehen den Geist herabfahren, wie eine Taube, der ist’s!“ Da er JEsum taufte im Jordan, that sich der Himmel auf über der Stätte, er sah den heiligen Geist auf JEsum herabfahren, wie eine Taube und auf Ihm bleiben, – er hörte den himmlischen Vater vom Himmel predigen: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Er wurde so voll Glaubens und heiligen Geistes, daß er JEsum nicht konnte gehen sehen, ohne auszurufen: „Siehe, das ist Gottes Lamm!“ – Und er, der Begnadigte Gottes, Johannes, der Ihn taufte, sendet wieder zu Ihm und läßt Ihn fragen: „Bist Du’s denn, oder bist Du’s nicht?“ – Wie kommt das? – Es ist so wunderlich, daß viele es von Johannes gar nicht glauben konnten und allerlei Erklärungen versuchten, um nicht zuzugestehen: Johannes zweifelte!

 Man sagt in der Regel: er habe bloß seine Jünger mit der Frage zu JEsu geschickt, um ihnen Gewißheit zu verschaffen. Aber diese Jünger trauten auf niemand mehr, als auf ihren Lehrer Johannes, er selbst hätte sie am besten unterrichten können. – Wer einfach liest und jedes Wort der heiligen Schrift gläubig aufnimmt, der wird nicht ausweichen