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jenseits der Furt mit seinem Kummer, mit seiner Angst, seiner Furcht, mit seinem schreienden Gewissen allein.

 Das Hinüberführen über den Bach, das Alleinbleiben jenseits des Baches war es nicht, was hier insbesondere beachten. Aber die Hauptsache ging in seinem Herzen vor. Solange er bei Laban in Mesopotamien gewesen war, hatte er darnach getrachtet, sein Gut zu mehren, und er liebte das Irdische sehr, also, daß er auch nicht immer von Sünde sich enthielt. Nun war er reich geworden, aber sein Gewissen sprach ihm um mehrfachen Betrugs willen, an Esau begangen, gleichsam das Recht auf sein Eigentum ab. Er wußte zwar, daß er auf einem guten Wege zum Bethel seiner Jugend war; aber ob es nicht zum Plan des HErrn gehörte, ihn wenigstens wieder arm zu machen, wie da er auswanderte, das war eine andere Frage. Er hatte zwar den HErrn gebeten, ihm wohlzuthun; und der HErr hatte ihn auch erhört: der HErr hatte ihn aber über Bitten und Verstehen erhört: ER wollte ihm das Seine lassen und nichtsdestoweniger das Herz davon frei machen; ER schenkte ihm seinen Reichtum aufs neue, aber ER nahm ihm die Lust dran, und dieses Freiwerden von der Anhänglichkeit ans Irdische, das Freiwerden für das Himmlische war es, was durch das Hinübersenden aller seiner Habe über den Bach äußerlich angedeutet wurde.

 Liebe Brüder! Wer zum Frieden Gottes eingehen will, der muß, wenn auch nicht von irdischen Gütern, doch aber von der Liebe zu irdischen Gütern frei werden. Wer der Furcht seines Gewissens ledig und los werden will, der muß seine Seele frei machen von dem, was vergänglich ist. Wer zu Gott kommen will, muß von der Welt weg. Wer Gottes Freundschaft begehrt, der lasse sich’s eben auch etwas kosten, er gebe die Freundschaft der Welt auf. Wer den Himmel sucht, der binde sich keinen Gold- oder Sorgenklumpen an die Füße, sondern Flügel an die Arme. Das Himmelreich leidet Gewalt von den Tagen Johannes des Täufers bis hierher; aber wer dem Himmelreich Gewalt anthun