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mächtig und stark – und überwindet die Zeit der Welt. Seine Verheißungen trügen nicht. ER hat’s gesagt: ER kommt – ja! ER kommt! So muß es auch geschehen! Sein Verweilen ist ein Eilen. – ER verzeucht nicht, sondern ER ist unterweges!

 Unvermutet wird ER da sein. Laß sein, daß die Welt zu den Worten des HErrn lacht: – nicht die Kirche, die Welt hat es zu büßen, obwohl wir ihr ein Besseres gönnten. Nicht der Kirche, aber der Welt wird jener Tag zum Fallstrick werden.

 Brüder! habt ihr schon einmal an des Voglers Werk gedacht? Siehe! in aller Stille bereitet er seinen Strick und Netz und verbirgt es vor der Vögel Augen. Nachdem er sein Netz gelegt hat, geht er weg in einen stillen Winkel – und weder er noch sein Netz ist sichtbar. Darauf träumen alle Vögel im Gebüsch, sie seien allein und kein Feind in der Nähe; sie fliegen und hüpfen hiehin und dahin – ohne Ahnung, üben die Stimmen so klar. Und wenn sie am fröhlichsten und unbesorgtesten sind, da zieht der Vogler sein Netz zu, und die Freude hat geendet. Wenn es den Vögeln also geht, so muß man Mitleid haben. Wenn aber die Welt einst in die Netze des jüngsten Tages kommt, so kann man sie nicht bedauern, denn sie weiß, was da kommen wird und achtet’s nicht. Sie ist bei allem gerühmten Verstande dennoch unverständiger, als die Vögel. – Wenn ein Hausvater in einer Welt, wo Dieberei daheim ist, sein Hab und Gut dem Diebe aussetzt, alles offen stehen läßt, so ist er ein Thor. Denn der Dieb kann kommen. Wenn aber die Welt des jüngsten Tages nicht achtet, so ist sie thörichter, als thöricht; denn ihr ist aufs Gewisseste angesagt, daß ein Dieb kommt – und nur die Stunde ist verschwiegen, wann er kommt. – Ein schwangeres Weib kann der Stunde der Wehen nicht entrinnen, könnte sie’s und thäte es nicht, so litte sie verdienter Maßen ihren Schmerz. Die Welt aber kann den Wehen des jüngsten Tages entgehen, es ist hier Weg und Hülfe gezeigt und angeboten: sie will nicht! Ein schwangeres Weib glaubt, daß eine Versuchungsstunde für sie komme und kann