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es ihnen doch oft nach der Schwachheit des Herzens sehr beschwerlich und hart fallen, daß sie alle Tage wieder sündigen, daß ihre Füße alle Tage wieder von Sünden staubig sind, daß immer kein Tag kommen will, wo sie frei würden von Sünden und Schmutz, daß im Gegenteil das Übel alle Tage ärger wird, daß sie, ergrauend im Glauben, auch in Sünden ergrauen! Ja, da kommt oft die ernste Frage, der schwere Zweifel: Ach, bei immer neuen Sünden gilt denn meine Taufe noch? Bin ich denn noch rein um des Wortes willen, das über mir in meiner Taufe gepredigt wird? Ach, meine Füße sind staubig und schmutzig! Diese schweren Anfechtungen und Leiden wußte der HErr wohl vorher, der Barmherzige, der Mitleid am eigenen Leiden gelernt hat, darum blies ER Seine Jünger an und sprach: „Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen!“ Darum legte ER in die Hände Seiner Diener die Macht und Kraft, täglich wieder an Seiner Statt Vergebung der Sünden zuzusichern, den Seinen die Füße zu waschen und zu ihnen zu sprechen: „Wer einmal in der Taufe gewaschen ist, der bedarf nichts, denn daß er die Füße wieder wasche, die vom täglichen Wandel wieder staubig wurden!“ Ja, geliebte Brüder, das ist das teure Amt der Diener JEsu, daß sie die Füße der Gläubigen waschen in der Absolution, dazu sind sie von Gott ermächtigt! Ach, und darum sollte man die Absolution nicht gar so selten und nur wie eine allgemeine Ceremonie suchen, darum sollte man oft begehren, absolviert zu werden und die Gewißheit Gottes zu empfangen, daß uns die immer neuen, immer wiederkehrenden Schwachheitssünden an Seiner Gnade, an unserm Teil an Ihm, an Seinem Himmelreich nicht schaden sollen! Es ist ja in der Absolution, auf welche das Fußwaschen hinweist, nicht eine menschliche Kraft, sondern JEsu Kraft und JEsu Demut. Denn wer sind denn die Diener, daß sie sollten vergeben dürfen, sie, die selbst alle Stunden der Vergebung bedürfen? Es ist ja niemand als der HErr, der Unsichtbare, der der Schwachheit des sichtbaren und im Sichtbaren gefangenen Menschen zu Hülfe kommt und durch Seine Diener die Füße waschen läßt. ER ist es ja, der so demütig ist, immer aufs