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daß ihr’s thätet, daß ihr einen Anfang des Streites machtet, damit eine Aussicht, eine Hoffnung auf Vollendung, auf Überwindung wäre!

 Viele fangen an, freilich, sie legen die Hand an den Pflug, aber sie sehen wieder zurück: es reut sie der Anfang! Viele beginnen, aber es geht nach dem Worte JEsu: „Viele haben’s thun wollen, aber sie haben’s nicht vermocht.“ Warum? Sie haben die Weisheit verlassen, die sie im Anfang hatten. Ihr Anfang war Buße und Glauben, ihr Anfang war Christus, sonst keiner; nun aber sie angefangen, bleiben sie stehen in der Buße, meinen genug gethan zu haben, fertig zu sein. Da, wehe, bricht der Faden ihres geistlichen Lebens ab. Denn die Buße, die Demut, muß fortgehen lebenslang, und lebenslang hat man an der Buße zu lernen, an der Demut. Ihre einzige Hülfe anfangs war Christus; den hielten sie im Glauben, den Tilger ihrer Sünden; nun aber wissen sie wohl, daß ohne Heiligung niemand den Herrn sehen kann; da fangen sie an, selbst auf Heiligung zu denken, ohne daß Gottes Geist sie treibt, statt nur an JEsu zu bleiben, statt nur alle Tage Vergebung zu holen, statt nur in Ihm zu ruhen, statt nur Ihn walten zu lassen, der sie zum Lebensbrunnen führt! Da werden sie werkheilig, und wehe, was ist’s nun: Werkheiligkeit ist Stolz, Stolz ist die größte Sünde, der gewaltigste Feind des Glaubens: da hat man mit einemmal nur einen Maulglauben an Christum, man ist sich selbst ein Christus geworden, unter christlichem Schein, unter Verleugnung Seiner Kraft, in Anstrengung eigener Kraft läuft man dem Kleinod nach, wird müde, matt und lau, ist in Gefahr, ausgespieen zu werden aus des HErrn Mund!

 O wenn in einem unter euch der heilige Geist das Werk der Buße begonnen hat, so bleibt in der Buße, teure Brüder, bleibet; lasset euch durch Schmerz, durch Demut nicht bitter werden; denn wohl dem Weinstock, auf den die Hippe des Weingärtners acht hat ohne Ende! Und wenn einer unter euch an sich selbst nichts mehr Gutes spürt, wenn ihn der Geist treibt, auszugehen von sich selbst zu JEsu Christo, zu dem Tilger seiner Sünden und in Ihm seine einzige Rettung,