Seite:Wilhelm Löhe - Predigten für die festliche Hälfte des Kirchenjahres.pdf/207

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sei, aber sie glauben keines Opfers zu bedürfen, sie sind rein, erkennen keine Sünde in sich, sondern halten Christum für einen Diener und Priester der Sünder, unter welche sie nicht gehören. Sie kennen sich nicht und glauben nicht. Andere kennen sich, haben manchmal einen Drang, auf das Wort vom Kreuze, vom Opfer, das auf Golgatha geopfert ist, zu trauen, aber es ist bald wieder weg; bald glauben sie wieder nichts mehr, ihr Glaube, wie ihre Buße ist veränderlich je nach der Stimmung des Herzens. Noch andere, wenige zwar, haben darum keinen Genuß von dem Opfer Christi, weil sie glauben, ihre Sünden seien zu groß, sie dürften sich nicht darauf verlassen, sie seien verloren! Es sind viele Abwege von dem Glauben, aber sie haben alle das gemein, daß sie Geburt des Unglaubens und eines unbußfertigen Herzens sind. Man will nicht Buße thun, weil man an der Sünde Freude hat, man entschuldigt, rechtfertigt wohl auch seine Sünde, stellt sie als Tugend dar, weil man sie nicht missen kann, man glaubt nicht, weil der Glaube ein Tod der Sünde, weil er mit der Heiligung Gottes vereinigt ist und man die Finsternis lieber hat, als das Licht, den Fürsten der Finsternis lieber, als den des Lichts. Was aber auf eine lebenslängliche Unbußfertigkeit, auf den bis an die Grube dauernden Unglauben für ein Elend folgt, das bedenkt man nicht. Denn der Tod, das Gericht, Gottes Grimm und Zorn, einheimisch auf Erden, alle Tage waltend – sie sind dennoch vergessen von einem blinden, in Finsternis der Sünden begrabenen Volk, und Weisheit ist nicht bei den Verächtern des Opfers Christi.

.

 Seht, Brüder, draußen hat ein armer Gaukler sein Gerüst aufgeschlagen dicht an der Kirche, als wollte er sie inmitten einer christlichen Stadt verachten, ja, in dieser Stadt, die ihre Häuser um die Kirche her gestellt hat, wie die Schafe um den Hirten stehen, wimmelt es auch ohne Gaukler von eitlem, sündlichen Vergnügen, wie von sündlichem Mißvergnügen, die Finsternis wohnt um die Kirche her. Wir hier inmitten dieser Mauern predigen und suchen den heiligen Brand des Evangeliums Gottes und die Predigt des Opfertodes