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ein Baum, wenn seine Blätter fallen. Es ist dann der Glaube würdig und ähnlich dem Worte des HErrn: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht. Es können wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade weicht nicht und der Bund meines Friedens fällt nicht dahin.“ Es heißt: „Wenn ich nur Dich habe!“ – und man schaut mit diesem Ausruf den Himmel an, der vergänglich, und die Erde, die verwelklich ist. „Es mag mir Himmel und Erde vergehen, bleibst doch Du meines Herzens Trost und mein Teil!“ Die Gnade des Wunderbaren ist es, von der man lebt – man nimmt wohl auch des Todes Zügel und steigt auf des Todes Roß, sprechend zu dem, der mit uns durch die dunkle Straße reitet: „Deine Güte ist besser, denn Leben, Halleluja!“

 Die Erlöseten des HErrn sind als die nichts inne haben und doch alles haben, – als die Traurigen und allezeit fröhlich, – als die Sterbenden, und siehe, wir leben (2. Cor. 6, 9f.). Sie sind klein und groß – groß, wenn sie klein sind, – klein, wenn sie groß werden. Sie sind wie ER selbst auf Erden: ER heißt Wunderbar – und sie sind Kinder des Wunderbaren – und sollen Ihm danken, daß sie „wunderbarlich“ gemacht sind. Was die Welt nicht begreifen kann, hat der Friedefürst gethan: ER hat Widersprechendes in ihnen friedlich nebeneinander gestellt: Gefühl der Sünde – und Gefühl der Kindschaft Gottes; Traurigkeit und Freude; Demut eines überwiesenen Verbrechers und Jauchzen eines begnadigten Missethäters; Bekenntnis des Falles und Bekenntnis, daß sie stehen: – die entgegengesetztesten Eigenschaften reichen einander in ihnen versöhnte Hände! – O Brüder, wunderbar ist ER in den Seinen!

 4. So wunderbar ER aber in den Seinigen ist, so wunderbar erweist ER Sich auch in Seinem Worte. Wenn ein gläubiger Diener des Evangeliums Gottes Wort in seinen Mund nimmt im Vertrauen auf Seine Verheißung, so vereinigt ER mit dem gesprochenen Worte eine himmlische Kraft, die da wunderbar bleibt und immer wunderbarer erscheint, je mehr man sie betrachtet. Man hat die Erfahrung gemacht,