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Schmerz über Seinen Verlust hatten. Über Ihn brauchten sie keinen Schmerz zu haben, denn ER hatte gethan, wozu der Geist Seines Vaters Ihn getrieben hatte, und Sein Vater und die himmlischen Heerscharen bewachten Ihn.

 Lernet aus dem Beispiel Mariä und Josephs, was daraus kommt, wenn man die Kinder nicht unter sorgfältiger Obhut hält. Es kommt daraus ein schmerzliches Suchen. Wenn, wie es öfter geschehen ist, ein Kind sich verlaufen hat, so haben die Eltern keine Ruhe, sie suchen und haben Schmerz, denn es tritt ihnen deutlich unter die Augen, daß durch ihre Schuld das Kind abhanden gekommen ist. – Allein wenn ein Kind leiblich sich verirrt, ist’s kein so großes Unheil, als wenn es sich geistlich vom rechten Wege verirrt. Ein liederlicher Sohn, eine liederliche Tochter sind ihrer Eltern größtes Kreuz, ein ungeratenes und ungehorsames Kind ist seiner Mutter Tod. O wie hört man Eltern so schmerzlich klagen, daß ihr Kind verloren ist! Aber wenn man zurückgeht in der Zeit, so findet man leider nur allzu oft, daß die klagenden Eltern selbst daran schuld sind, weil sie das Kind nicht beobachteten, da es jung war, und es nicht zu genau nahmen mit ihrem Wege. In der Jugend wird gesäet, was später aufgeht und Früchte bringt: wer auf seine Kinder Trägheit säet, der wird einst Kummer von ihnen ernten, – und er klage dann nur niemanden an, als sich selbst; er hat sein Kind in der Jugend nicht besorgt, nun kommen die Sorgen nach. – Wie viel Böses übrigens Eltern durch ihr eigenes Beispiel säen, das ist nicht zu erzählen. Und wie schwer sich’s rächt, wenn man seine Kinder nicht Gott dem HErrn empfiehlt, nicht für sie betet, das weiß der, welcher es erfahren hat – das weiß der Lehrer, der es mit Kindern zu thun hat, die nie von den Eltern gesegnet sind, für die kein Vater-, kein Mutterknie sich beugt. –

 Kinder so weit bringen, daß sie keine Mörder, Diebe, Huren werden, ist nichts Besonderes. Vor der Welt ungeraten sind im ganzen nur wenig Kinder – und diese wenigen werden freilich von der Welt und weltlichen Eltern sehr betrauert und beweint. Dagegen beweint die Welt die