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werden gegeben im Zorn des Allmächtigen. So verlangten die Juden einen König und zwar wie die andern Völker, und der HErr gibt ihnen einen; aber der kann nicht sein der Vater des Königs, dem das Scepter nimmermehr entwendet werden soll. Das lernt aus dem Geschlechtsregister Sauls.


2.

 Was gefällt uns an dem Sohne Sauls, an Jonathan so sehr? Die Freundschaft mit David. Und warum ist dieses Freundschaftsbündniß Jonathans und Davids so hoch anzuschlagen, daß es seitdem aller echten Freundschaft Schild und Wappen geworden ist? Weil er ein Freund dessen geworden ist, dessen Feind zu werden er die natürliche, sündliche Reizung in sich verspüren konnte. Das ist das Große an Jonathan, daß er, obwol sein Vater König ist, und er glauben kann ein Recht zu haben, an dessen Stelle zu treten, dennoch mit dem echten, von Gott erwählten König einen Freundschaftsbund schließt, auf den Thron verzichtet, dem David weicht und nur der Nächste nach ihm zu sein begehrt. Jonathan wußte unterzugehen, darum ist er so groß und sein Name so gefeiert in der Welt. Er zeigt sich neben David in eben dem schönen Lichte, wie Johannes der Täufer neben dem Erlöser (Joh. 3, 30).

 So groß aber Jonathan ist, so wäre sein Vater doch noch größer gewesen, wenn er, seinem Sohne nach, auch gewußt hätte unterzugehen, wenn er, statt den Erben der Verheißung zu verfolgen, sich ihm willig untergeordnet hätte und nun auch in Davids Kriege gezogen wäre, wie David früher in die seinigen. Ja, wenn er dem göttlich verordneten König Krone und Scepter überlassen oder wenigstens verstanden hätte, David als künftigen König zu lieben, dann würde jedermann den Saul glücklich preisen, und man würde den Stamm

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/8&oldid=- (Version vom 11.9.2016)