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3.

 David soll wählen zwischen Theuerung, Pest, Flucht vor seinen Feinden. Was für eine Wahl! Soll er Theuerung wählen, die er am Ende schon drei Jahre gehabt hat? Oder Flucht vor seinen Feinden? Gott, der ihm bisher den Sieg wider seine Feinde gegeben hat, kann die Sache bis morgen wenden, die ganze Friedenszeit kann in einem Augenblick verschwinden. Oder soll er den Würgengel durchs ganze Land gehen lassen, die Leute sterben sehen und denken müßen: das hast du verschuldet, diese Decimirung deines Volks; weil du so erfreut warst über die Millionen deiner Unterthanen, so werden sie dir genommen? Soll er sagen: Strafe mich? Aber das Volk hätte er doch nicht aus der Schuld gebracht, denn die Sünde des Königs war ja für Gott nur der Anlaß das Volk zu strafen, über das sein Zorn entbrannt war. Da bittet er denn: nur nicht in der Menschen Hände, ich will lieber in die Hand des HErrn fallen, denn seine Barmherzigkeit ist sehr groß. Der HErr schlägt nun das Land mit Pestilenz; ER fängt bei den Gränzen an, es kommen Botschaften auf Botschaften, immer größer wird die Zahl der Toten, immer größer die Schaar der Trauernden; tropfenweise muß das Herz des Königs all diese Bitterkeit trinken. Endlich kommt der Würgengel an den Mittelpunkt des Reichs, nach Jerusalem, und David sieht ihn stehen in der Mitte zwischen Himmel und Erde: und nun beginnt er zu schlagen und David sieht, wie die Jünglinge und Jungfrauen, die Männer und die Frauen dahinsinken unter dem Schwert des Würgengels. Er sieht nicht Gottes Zorn über das Volk, er sieht nur seine Sünde; die 70000, die der Seuche erlegen sind, ehe der Würgengel nach Jerusalem kam, hat er auf seinem Gewissen und kann’s nicht wenden. Ist ihm schon mit Uria so weh geschehen, wie muß ihm nun ums Herz

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/67&oldid=- (Version vom 11.9.2016)