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Libanon schmilzt, so werden seine Ufer voll, er steigt von Terrasse zu Terrasse und wird zum Strom ohne Gleichen, daß er die ganze Breite Jericho und Moab mit seinen Fluthen zudeckt. Da ist es dann keine Kleinigkeit überzusetzen. Die Helden aus Gad aber finden den Weg über den gewaltig angeschwollenen Strom. Doch sie haben nicht blos die Absicht gehabt über den Fluß zu setzen, sie wollen zu David kommen. Da müßen sie sich durch seine Feinde durchschlagen, durch den ihm feindlichen Stamm Benjamin, was ihnen auch gelingt: sie jagten – heißt es – in die Flucht alle Thalbewohner gegen Morgen und Abend. Ihr Ziel ist David; dem Helden wollen sie sich überliefern, um mit ihm zu kämpfen und zu leiden.

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 Aber auch aus Benjamin und Juda kamen Tapfere zu Davids stiller Burg. David versteht nicht, warum solche Menge ihm zuströmt, er wird mistrauisch. Aber er spricht sein Mistrauen mit so männlicher Aufrichtigkeit aus, daß er eben damit die Herzen gewinnt. Er fragt sie, ob sie’s ehrlich mit ihm meinen, er gibt’s ihnen auf die Seele und weissagt ihnen Gottes Zorn für den Fall, daß sie in unredlicher Absicht kommen. Wie dort auf den Bergen Judas der Gruß der Jungfrau Elisabeths Geist entzündete, so macht die edle, fromme Sprache des Helden David hier den Amasai zum Propheten, daß er in die herrlichen Worte ausbricht, die ihm der Geist eingegeben hat, und die wir uns in diesem Hause[1] zum Wahlspruch erwählt haben: Dein sind wir, o David, und mit dir halten wir es, du Sohn Isai. Friede, Friede sei mit dir, Friede sei mit deinen Helfern, denn dein Gott hilft dir! Ein herrliches Wort und bei aller Kürze und Begeisterung doch von schönstem Zusammenhang. Mit dem


  1. Im Diakonissenhause zu Neuendettelsau.
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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/28&oldid=- (Version vom 11.9.2016)