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nach innen Uneinigkeit, nach außen ein falscher Gemeingeist, der die sonst Getrennten zur Vertretung der gemeinsamen Familieninteressen eint. Während innerlich oft kein Friede ist, erscheinen die in sich Zerspaltenen fremden Interessen gegenüber wie Ein Mann. Aber es ist das nicht die Einigkeit, die der 133. Psalm rühmt und über die er seinen Segen spricht. Vielmehr weil die Familieninteressen gewöhnlich niedriger, selbstsüchtiger Art sind, so muß man es oft noch als ein Glück betrachten, wenn Vater und Mutter den Lebenslauf der Kinder nicht bestimmen, sondern die Kinder ihren Gang frei wählen und sich selbständig entscheiden. Das Beste und Wünschenswertheste ist damit freilich nicht erreicht, aber unter Umständen etwas Gutes, oder doch etwas, woraus unter des heiligen Geistes Leitung etwas Gutes werden kann.

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 Warum diese Bemerkung? Nun, weil alle die Helden, deren Namen die erste Lection (V. 2–7) aufzählt und deren Anschluß an David sie berichtet, der Verwandtschaft Sauls angehören. Ob sie gleich Brüder d. h. nächste Verwandte Sauls gewesen sind, sind sie doch von den Verhältnissen und der Verwandtschaft nicht geblendet, sondern haben sich auf Davids Seite geschlagen. Und zwar waren es nicht etwa geringe Leute, sondern angesehen in ihrer Verwandtschaft und hervorragende Helden (V. 1). So herrscht also in der Familie Sauls nicht blos ein böser Geist, sondern es ist auch ein guter Geist zu finden, nicht blos bei einem Jonathan, sondern bei alle denen, die wie unsre Lection berichtet, den König Saul verlassen und zu David sich halten und zwar zu einer Zeit, wo Saul noch der Mächtige, David der Ohnmächtige und Verfolgte ist. Es ist also möglich, daß der heilige Geist in den natürlichen Familienzusammenhang eine heilsame Spaltung (Luc. 12, 51) bringen kann. Und es ist

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/25&oldid=- (Version vom 11.9.2016)