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ganz Asien und man brauchte 200 Jahre dazu. Wie kommt’s, daß man hier nicht länger braucht? Es mußte ja nicht blos das Haus gebaut werden, sondern man mußte, um Grund und Boden zu schaffen, den ganzen Berg Morija ummauern. Woher kommt es, daß trotzdem der Bau so bald fertig wird. Kommt es von der Umsicht bei der Anordnung des Baus? Nun ja, wo ein heiliger Sinn ist, da ist auch heilige Ordnung, wo jedermanns Wille und Herz bei der Sache ist, wo man jede Arbeit als ein Opfer ansieht dem HErrn zu Ehren, da geht es zusammen und da geht es vorwärts. An dem Sinn fehlt es den Menschen, die bei uns bauen, darum finden wir oft die Noth, wenn wir bauen, und unser Werk geht verzüglich von statten.

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 Als nun aber alles fertig war, das Haus in all seiner goldenen Pracht da stand, da wurde das Fest der Einweihung gefeiert. Seit dem Auszug aus Aegypten waren 480 Jahre vergangen, so alt war auch die Hütte und die Lade und alle Geräthe von Gibeon. All das brachte man nun in den schmucken Tempel. Da kam endlich die alte mosaische Hütte zur Ruhe, sie bildet nun eine heilige Reliquie und wird niedergelegt in der Schatzkammer des Hauses Gottes. Es war der Tempel mindestens dreimal so groß als die Hütte, darum brauchte man lauter neue Geräthe; der alte Rauchopferaltar, der alte siebenarmige Leuchter: das alles stimmte zu dem neuen Haus nicht mehr und mußte antiquiert werden. Aber es gehörte mit zur Weihe, daß die alten Geräthe in den neuen Tempel getragen wurden, man verbindet dadurch die alte mit der neuen Zeit. Warum thut man die alten Sachen nicht einfach weg? Aus Ehrfurcht und Liebe zum Alten. Der Mensch trennt sich nicht gern von dem Ueberkommenen. Es liegt ein Hauch von Impietät darauf, wenn Kinder mit leichtem Herzen verkaufen oder vertilgen, was ihre Eltern in Händen und im

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/108&oldid=- (Version vom 11.9.2016)