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Zeit lang vor, bis der Anfang zum Bau gemacht wurde; er begann nämlich erst im 4. Jahr Salomos. Bedenkt man aber, was für Vorbereitungen zu treffen waren, so wird man die Zögerung begreiflich finden. Das Holz mußte bis vom Libanon hergeschafft werden; desgleichen die Steine, und das war keine Kleinigkeit, denn die Steine waren ungeheuer groß, 24–30' lang; Gießereien mußten an den Ufern des Jordan errichtet werden, in welchen alle ehernen Geräthe gegossen wurden. Was waren z. B. nur an den Orten, wo das Holz und die Steine behauen und das Erz gegossen wurde, für Vorkehrungen zu treffen, daß die große Menge der Arbeiter sich dort aufhalten konnte. Der Tempelbau war also ein Werk von großer Mühe und langer Zeit. Da konnte es lange dauern, ehe man anfieng, auch nur den ungeheuren Grund aufzumauern, zumal das Material nicht roh, sondern bereits beschlagen und behauen an Ort und Stelle geschafft wurde. Kein Beilhieb, kein Hammerschlag wurde auf dem Bauplatz gehört. Mit welcher Genauigkeit mußte da gearbeitet sein, daß an Ort und Stelle alles paßte, und ohne weitere Nachhilfe in den Bau eingefügt werden konnte. Das Hervorstechende an dem Bau war also die heilige Weise, die Feier, die tiefe sabbathliche Stille, in der er vor sich gieng. Eine Stille herrschte bei dem Bau, die mehr dem Sabbath als dem Werktag ähnlich war. Daraus ist abzunehmen, daß der HErr Sein Werk in der Stille gethan haben will. Wer in der Aufregung lebt, wem in der Menge der Geschäfte die Unruhe kommt, dessen Wirken wird man es anmerken. Der Tempelbau Salomos trägt das Gepräge heiliger Ruhe und Stille an sich.

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 Die Bauart des Tempels ist aber eine besondre, man kann sie in keinen Baustyl einfügen, sie ist einzig in ihrer Art. Bedenkt man, daß die Länge des Gebäudes 60, die

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Wilhelm Löhe: David und Salomo. C. Bertelsmann, Gütersloh 1895, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_David_und_Salomo.pdf/105&oldid=- (Version vom 11.9.2016)