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Maße erkennen. Es ist etwas Großes auch um die Form der Höflichkeit und des Anstandes und man soll nicht denken, daß ein Christ berechtigt sei, sich darüber hinwegzusetzen.

 Mehr wie Höflichkeit ist die Gefälligkeit, daß wo man irgend kann, sei es auch im kleinen, einen gefallen erweist. Mehr noch ist Dienstfertigkeit die den Schwestern besonders wohl ansteht und nach der die Außenwelt ihre Art gewöhnlich zu beurteilen pflegt. Es ist manchmal gesagt worden, daß man den Schwestern Neuendettelsaus einen gewissen Mangel an Freundlichkeit nachsagt, zum Teil mit Unrecht, weil es Vielleicht daher kommt, daß unsere Schwestern mehr, als man anderweits für richtig erkennt, Zurückhaltung üben sollen in Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen. Aber vielleicht ist der Vorwurf nicht ohne alles Unrecht; denn es gilt wirkliche Freundlichkeit zu üben und man darf nicht aus falscher Ängstlichkeit, Scheu und Zurückhaltung diese Aufgabe der Freundlichkeit den Menschen gegenüber verletzen. Doch viel wichtiger und größer ist das, daß die Liebeswerke, wie sie der Kirche unserer Zeit von Gott geschenkt worden sind, der Welt den Beweis liefern können und sollen, daß das Christentum eine Kraft Gottes ist und eine höhere Liebesmacht in sich schließt. Darum ist es etwas Großes, wenn man auch nur zu bescheidenem Teil an diesem Liebeswerk mitarbeiten darf. Wollen wir darum mit dem Wort des Herrn schließen und es uns einprägen, nicht nur für unser Verhältnis nach außen, sondern besonders auch für das Verhältnis der Schwestern untereinander und insbesondere für die Übung der Liebe und Erbarmung gegen die uns Befohlenen:

 „Daran wird Jedermann erkennen, daß Ihr Meine Jünger seid, so Ihr Liebe untereinander habet.“





10. Stunde.
Donnerstag, den 31. Oktober 1912.
Anfang Lied 552.1. 2.4–8.
Psalm 2.
Kollekte 217, 34. Schluß Ps. 126.
Lied 551, 3.

 Indem ich nun heute die letzte Einsegnungsstunde beginne, möchte ich das nicht tun ohne auf die Bedeutung des heutigen Tages mit einem Wort hingewiesen zu haben. Es sind heute 395 Jahre, daß Luther an die Schloßkirche