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dem Volke nachgegangen wie ein treuer Hirte. Mit welcher Liebe, Geduld und Sanftmut hat Er Seine unverständigen Jünger getragen, unterwiesen, geleitet und weitergeführt. Er hat Seine Liebe vollends erwiesen in Seinem Leiden und Sterben, da Er Sein Leben für uns gab. „Wie Er hatte geliebet die Seinen“, so beginnt Johannes den Abschnitt des Evangeliums, der sich der Leidensgeschichte zuwendet, „wie Er hatte geliebet die Seinen, die in der Welt waren, so liebte Er sie bis ans Ende.“ Und wie liebt Er uns jetzt noch, gedenkt unser vor dem Throne der Herrlichkeit, läßt Sich zu uns herab, geht uns nach durch Seinen Geist, ist in Wort und Sakrament bei Seiner Gemeinde auf Erden gegenwärtig und vertritt die Seinen, wenn sie durch Ihn zum Vater kommen, aufs beste vor dem Thron der Gnade. So ist die Liebe uns offenbar worden in Jesu Christo, daß wir beim Überblick darüber sagen müssen:

„Liebe, die mich hat gebunden
an ihr Joch mit Leib und Sinn,
Liebe, die mich überwunden
und mein Herz hat ganz dahin
Liebe, Dir ergeb’ ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich“.

 So reden wir weiter von der gläubigen Erfassung der Liebe Gottes in Christo und von unserer dankbaren Gegenliebe.

 Wozu anders ist die Liebe Gottes in Christo uns leibhaftig erschienen, als damit Seine Liebe auch in uns erwachsen möge. Es kann aber Liebe zu Gott, in unserem, in der Menschen Herzen nur erstehen, wenn wir zuvor im Glauben die Liebe Gottes zu uns erkannt und erfahren haben. „Es ist ein Grundgesetz im Reiche Gottes“, sagt der Ethiker Harleß, „daß wir nichts haben, was wir nicht von Gott empfangen hätten“. So meint es auch der Herr. „Wie Mich Mein Vater liebet, so liebe ich euch. Bleibet in Meiner Liebe.“ Da führt Er Selbst die Liebe von Gott her über Ihn und Sein Werk herab zu den Herzen der Menschen, in denen sie Wurzel fassen soll. So bekennt es auch der Apostel der Liebe: „Wir haben geglaubt und erkannt die Liebe, die Gott zu uns hat“. Im Glauben erkennen, erfassen und erfahren wir die Liebe Gottes gegen uns. Und wenn wir dieser Liebe Gottes, mit der Er uns ewig geliebet hat, gewiß geworden sind, dann erwacht von selbst dankbare Gegenliebe in unseren Herzen. Darum sagt Johannes: „Darinnen stehet die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebet haben, sondern daß Er uns geliebet hat.“ So hat es der Herr Jesus selbst gemeint: „Ihr habt nicht Mich erwählet, sondern Ich habe euch erwählet und gesetzt, daß ihr hingehet und Frucht bringet und eure Frucht bleibe“. So erwächst die Liebe in uns durch Erfahrung der Liebe Gottes, mit der Er uns geliebet hat. Wir dürfen nun weiter reden: