Seite:Wilhelm Eichhorn - Einsegnungsunterricht 1912.pdf/82

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Volk; in Niedrigkeit und Armut ist Er erschienen. Er hat Wunder getan, aber keine Zeichen vom Himmel, nicht solche auffallende Wunder, wie das Volk sie wohl wünschte, sondern auch hier Wunder einfacher Art, die zwar den Glauben stärken konnten, aber auch wieder Glauben forderten. Seine wunderbarsten Bezeigungen, auf welche die Jünger zurückblicken, wenn sie sagen: Wir sahen Seine Herrlichkeit, – die Verklärung und ähnliches zuvor, auch die Taufe – geschahen ganz im Verborgenen und wurden Wenigen kund. Die Andern sollten im Glauben dessen gewiß werden. Wie war es besonders mit dem entscheidenden Abschluß des Werkes des Herrn, mit Seiner Auferstehung? Sie ist ganz unauffällig, auf den Glauben hin angelegt gewesen. Niemand hat selbst den Vorgang der Auferstehung gesehen. Der Auferstandene erschien nur wenigen und immer nur auf Augenblicke, Sein ganzes Streben war darauf gerichtet, die Jünger im Glauben Seiner Auferstehung gewiß zu machen. Darum erging zuerst die Botschaft von der Auferstehung durch Engelmund an die Seinen. Ja, sie hätten schon durch den Anblick des leeren Grabes Seiner Auferstehung im Glauben gewiß werden sollen, wie es bei Johannes auch der Fall war, der schreiben kann „er sahe es und glaubte.“ – Auch die Botschaft der heiligen Apostel war ganz auf Glauben hin angelegt. Der Apostel Paulus nennt sein Evangelium das Wort vom Kreuz, das den Juden ein Aergernis und den Griechen eine Torheit ist. Und wenn er sich auch darauf beziehen kann, daß eines Apostels Werk und Tat durch seine Hand geschehen sei, durch Wunder hat er die Menschen nicht zum Glauben führen sollen. Wie war es nur in Lystra mit der wunderbaren Heilung des Lahmen vor allem Volk: für den Augenblick wollten sie den Apostel göttlich verehren und nachher haben sie ihn gesteinigt. – So tritt auch noch an uns die Botschaft des Evangeliums heran als ein Wort, das Glauben fordert.

 Wir reden 2. vom Glauben in seiner alt- und neutestamentlichen Ausprägung.

 Im alten Testament treten uns großartige Beispiele des Glaubens entgegen. Wir haben schon genannt Noah, jenen Prediger der Gerechtigkeit, der im Glauben an Gott die Arche zurüstete, 120 Jahre lang zuvor schon, viel verhöhnt von den Leuten jener Zeit und doch feststehend im Gehorsam des Glaubens. Wir haben auch genannt Abraham, bei welchem uns besonders der Glaube im Sinn tatkräftigen Erfassens entgegentritt. Er ist, wie wir wissen, durch den Glauben ein Fremdling geblieben in dem verheißenen Land. Der einzige Boden, den er dortselbst sich erwarb, war nichts als sein Grab. Er hat durch den Glauben Königreiche bezwungen, und die Kriege des Herrn geführt. Den Glauben in seinem tatkräftigen, sieghaften Erfassen Gottes zeigt uns der Vater der Gläubigen von dem es erstmals heißt: „Abraham glaubte dem Herrn und das rechnete Er ihm zur Gerechtigkeit.“ Bei seinem Sohne Isaak tritt uns der Glaube entgegen in der Form ausharrender Geduld. Bei