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das große „Dein“; Dein Name, Dein Reich, Dein Wille. Erst dann kommt eine Bitte für uns, und zwar um Zeitliches. Wir dürfen doch Dem, dem wir das Höchste vortragen, daß Sein Gnadenwille geschehen möge im Himmel und Erden, auch unsere geringen irdischen Angelegenheiten vortragen. Sie sind ihm nicht zu klein, aber freilich vor allem sollen wir für uns um geistliche Gaben, um Abwendung dessen, was dem Heil unserer Seele im Wege stehen könnte, bitten. So sind wir im hlg. Vaterunser gelehrt worden. 1. Tim 2. V. 1 scheint der Apostel eine etwas andere Einteilung vom Gebet nach seinem Inhalt zu geben. Bittgebet, Fürbitte, Danksagung. Er will sagen: Unser Gebet darf durchaus Bitte und Anliegen sein; denn nicht Fürbitten, sondern Anliegen bedeutet das betr. Wort. Er will beifügen, wenn unser Gebet Bitte und Anliegen enthalten darf, so muß der Dank immer damit verbunden sein. Obwohl hier Fürbitte allerdings nicht gemeint ist, so ist sie doch in Bitten und Anliegen eingeschlossen, denn er will, daß, Bitte, Gebet, Anliegen und Danksagung dargebracht werden für alle Menschen, auch für die Könige und für die damals heidnische Obrigkeit. So ergibt sich uns als inhaltlicher Unterschied das Gebet für uns selbst und das Gebet für andere, zunächst das Gebet für solche, mit denen wir in irgend einer Beziehung stehen, dann das Gebet für alle Menschen und gewiß als höchstes das Gebet für Christi Reich.

 Was uns selbst anlangt, wird immer Luthers Einteilung in der Auslegung des 2. Gebotes richtig und vollständig bleiben, wo er erst die Anrufung nennt, d. i. die Bitte, die an Gott in der Not gerichtet wird, weil es meist eben die Not ist, die den Menschen zum Beten bringt; aber nicht nur anrufen sollen wir, sondern überhaupt Gott bitten, weil wir allezeit geistliche und leibliche Dinge von Ihm zu erflehen haben. Weiter nicht nur bitten sollen wir, sondern auch danken für die empfangenen Wohltaten Gott preisen und schließlich das Loben, das höchste, soll nicht fehlen; wir dürfen Ihn preisen, weil Er Selbst so herrlich und groß ist. Das wird in der Schrift Anbetung im höchsten Sinn genannt, wenn wir betend nicht mehr an uns denken, sondern nur Gottes Größe und Herrlichkeit vor Augen haben. Soviel über das Gebet nach seinem Inhalt.

 Nun sprechen wir von des Gebetes Erhörung. Daß die Heilige Schrift die Gebetserhörung statuiert, ist zweifellos, das kann wahrlich keiner Unsicherheit unterliegen. „Du erhörest Gebet, darum kommt alles Fleisch zu Dir“, heißt es im Psalm 65, und im Neuen Testament haben wir das Wort: „Bittet, so wird euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan.“ Darin liegt eine Steigerung. Das Nächste, Einfachste ist Erbitten dessen was man braucht. Mehr Kraft erfordert das Suchen dessen was fehlt, nötig, weil man nicht sofort Erhörung findet. Und nun vollends anklopfen heißt mit Macht sich bemerklich machen, es bedeutet eigentlich an die Türe stoßen. Man bringt seine Bitten eindringend und eindringlich