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vollbringen kann, so setzt er etwas, das wertvoll und rein ist, an seine Statt. Bei Noah tritt uns das Opfer entgegen im Sinne einer Dankeserzeigung. Es war aus Dank hervorgegangen und deshalb war es dem Herrn angenehm, wie ausdrücklich berichtet wird. Das erste Gebet in Worten wird uns aus Abrahams Mund erzählt. Als Gott dem Abraham die schöne Zusage gab: „Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn,“ da sagt Abraham: „Was willst Du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder etc.“ Das ist das erste in der Schrift uns aufbehaltene, von einem Menschen an Gott in unmittelbarer Anrede gerichtete Gebet. Wir sind damit an der Schwelle des eigentlichen alten Bundes angelangt. Nachdem zuerst das Gebet sich uns darstellt als tiefes Bedürfen des Menschen, so stellt es sich im Alten Testament uns vor Augen als freundliche Gestattung Gottes. Wir sehen bei Abraham, wie Gott ihm gestattet, mit ihm zu reden wie ein Mann mit seinem Freunde, wir sehen, wie Abraham ein Zugeständnis nach dem andern in der Fürbitte für Sodom Gott abringt. Wir sehen bei Jakob den Gebetskampf mit dem Engel an der Stätte Pniel, wo er Gott von Angesicht sah und seine Seele war genesen: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Weiter hören wir aus Jakobs Mund noch vor seinem Heimgang das Gebet, das er an den Herrn richtet mitten im Segen an seine Söhne. „Herr, ich warte auf dein Heil.“ Wie hat Gott sich Moses Fürbitte für das Volk Israel gefallen lassen, als Moses (2. Mose 32) es wagte, in der Fürbitte für das ungehorsame Volk Gott Seine Verheißung, Seine Gnadenzusage und Seines Namens Ehre entgegenzuhalten. Wie bedeutsam ist es, daß auf Moses Angesicht ein Glanz ruhte, wenn er mit Gott gesprochen hatte, wenn auch dieser Glanz, was 2. Kor. 3 gesagt wird, nur ein vergänglicher und vorübergehender gewesen ist. – Die Psalmen sind und bleiben große Vorbilder des Betens, des Flehens, des Dankes, der Anbetung. Freude am Gesetz, Freude am Gottesdienst, Freude an Gottes Wort, festestes Vertrauen zu Gott, Liebe zu Ihm tritt uns da entgegen. So hat Gott schon im Alten Testament den Gläubigen Israels das Gebet zu Ihm gestattet und sich gefallen lassen. Eins nur findet sich im Alten Testament noch nicht, – so groß und herrlich die Gebete des alten Testamentes sind – nämlich Gottes Vatername. Nur Psalm 68 wird Gott genannt ein Vater, d. h. dort „Schützer der Waisen“, im Psalm 89, 27 wird es David in den Mund gelegt: „Du bist mein Vater, mein Gott und mein Hort“, doch nur in heilsgeschichtlichem Sinn, den wir aus 2. Sam. 7 kennen, daß nämlich der König Israels in sonderlichem Verhältnis zu Gott stand. Ähnlich ist es Jes. 63, wo der Prophet für das ganze Israel zu Gott spricht: „Bist du doch unser Vater etc.“ Als Schöpfer des ganzen Volkes heißt Gott „Vater“: Jer. 3, 19 und Jer. 31, 9 oder umgekehrt sagt das Wort Gottes bei Hosea: „Aus Ägypten habe ich Meinen Sohn gerufen.“

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 Der einzelne Gläubige konnte und durfte es im alten Testament nicht