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7. Stunde.
Dienstag, den 29. Oktober 1912 nachm.
Anfang: Lied 26, 3–8.
Psalm 27.
Kollekte Hausb. II. 162, 7. Schluß: Ps. 116.
Lied 352. 7. 8. 15

 Von den Gnadenmitteln hatten wir zu allererst zu sprechen, wenn wir die Gnaden- und Kraftquellen für das Christenleben uns vor Augen stellen wollten. Die Gnadenmittel, die der Herr Seiner Kirche für ihr Leben in der Welt gegeben hat, das sind „die Brünnlein Gottes,“ von denen es im Psalm heißt, daß sie Wassers die Fülle haben, wie auch geredet wird von der „Stadt Gottes mit ihren Brünnlein.“ Hier ist der Strom, den Ezechiel im Geiste schaute ausgehend vom Tempel. Ja, wir dürfen uns auch zurückerinnern an die vier Ströme, die vom Paradiese ausgegangen sind nach den vier Örtern der Erde.

 Zu den Gnadenmitteln pflegten manche Väter in etwas zu bestreitender Auffassung auch das Gebet zu rechnen und Löhe unterscheidet in seinem 1. Teil des Haus- Schul- und Kirchenbuches auch die Gnadenmittel nach dem Gesichtspunkt, daß es eine Geberhand gibt: nämlich Wort und Sakrament- und eine Nehmerhand, das ist das Gebet. Jedenfalls ist das Gebet eine Gnaden- und Kraftquelle ohne Gleichen.

 Wir sprechen heute:

vom Gebet als teuerer Gabe und seligem Geschäfte.

 Vom Gebet reden wir, zuerst nach seiner allmählichen Entwicklung in der Menschheitsgeschichte und hier dürfen wir wohl den Satz voranstellen: soweit es Völker auf dem weiten Erdenrund gibt, gibt es Religionen, denn jedes Volk hat irgendwelche Religion und wo Religion ist, da ist auch Gebet in irgendwelcher Form, freilich bei den Heiden sehr verunstaltet. Und fast überall steht das Gebet in Verbindung mit dem Opfer. So tritt es uns schon an der Schwelle der Menschheitsgeschichte entgegen bei Kain und Abel. Ein Opfer zu bringen, einen Gegenstand, der Wert hat und zum Menschen in Beziehung steht zu verbrennen auf einem Altar, daß er in Rauch aufgehe und mit dem Rauch emporsteige zum Himmel, das sollte Sinnbild dafür sein, daß der Mensch sich selbst Gott schuldig erkennt, daß er schuldig sei, sich Gott darzugeben und sich in Seinen Dienst zu stellen. Und weil ihm bewußt ist, daß er das nur unvollkommen