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freien Mannes nicht für würdig erachtet, für den Krieg und Jagd als die passende Tätigkeit galt. Durch den Einfluß des Evangeliums ist die Arbeit so zu Ehren gekommen, daß das deutsche Volk den Ruhm des Fleißes sonderlich in Anspruch nehmen darf.

 So ist es denn als eine von Gott geschenkte Gnade anzusehen, daß wir arbeiten dürfen. Die Arbeit aber wird zu einer wichtigen Erziehung für den Menschen und erweist sich damit auch als eine Kraftquelle. Sie ist eine gute Zucht, denn sie hält vor allem den Menschen ab von manchem unnützen und törichten Gedanken. Sie ist eine gute Zucht, denn sie übt und stählt die Kraft des Menschen. Sie ist eine gute Zucht, denn sie erhält ihn auf einem klaren und sichern Weg und so ist auch der Arbeit ein besonderer Segen von Gott verheißen. Es ist schon ein Segen, wenn der Mensch durch seine Arbeit seinen Lebensunterhalt sich selbst verdient und also auf eigenen Füßen steht. Welche Befriedigung aber ist es und wie stärkt es Mut und Freudigkeit, wenn man sehen darf, daß man auf dem Weg der Arbeit irgend etwas ausrichtet, besonders im Dienst anderer. So dürfen wir auch für diese Quelle der Kraft, die Arbeit, Gott dem Herrn, dem Schöpfer unseres Lebens, dankbar sein.

 Was wir nun aber von der Arbeit gesagt haben, das gilt besonders von der geordneten Arbeit. Ungeordnete, ungleichmäßige Arbeit wird nie diesen eben berührten Segen und Gewinn bringen können, schon weil sie willkürlich ist. Wie oft tritt uns im Leben entgegen, daß es Menschen gibt, die zu Zeiten einmal mit besondrer Wucht sich in die Arbeit stürzen, dann längere Zeit sie unterlassen. Das setzt meist schon eine innere Ungleichmäßigkeit und Unsicherheit voraus, es wird dadurch ein ungleiches, unbefriedigtes und andere störendes Wesen der Unruhe und Hast hervorgerufen.

 Was wir also vom Segen der Arbeit gesagt haben, das gilt von der geregelten Arbeit und das führt uns auf den Begriff des Berufes. Der Beruf ist die Anweisung einer bestimmten Arbeit, wie sie die Lebensführung des Menschen mit sich bringt. Daß eine Verschiedenheit der Berufe sich gestalten mußte, liegt zunächst in der Verschiedenheit der Naturanlagen der Menschen. Der Gott, der ein Gott der Ordnung ist, ist zugleich ein Gott der höchsten Mannigfaltigkeit, der höchsten Lebensfülle. Unter den Millionen Menschen, die es auf Erden gibt, wird es auch nicht zwei geben, die einander ganz und völlig gleich sind. Es gibt Verschiedenheit in den natürlichen Anlagen, in den Charaktereigentümlichkeiten. So hat Gott die Menschen geschaffen, wie auch auf den andern Gebieten des Schöpfungsreiches eine ähnliche, wenn auch nicht in diesem Maß ausgeprägte Mannigfaltigkeit uns entgegentritt. Wir bewundern den Reichtum des Schöpfers auch von diesem Gesichtspunkt aus. Ich sage die Verschiedenheit der Anlage bedingt von selbst auch eine Verschiedenheit der Betätigung. Dann aber kommt noch hinzu die Mannigfaltigkeit der Lebensgestaltung.