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und den Trieb, ihre Nahrung selbst zu suchen und ihre Wohnung sich selbst zu bereiten, in viel höherem Maß der mit Vernunft begabte Mensch. Gott erhält diese sichtbare Welt, die Er geschaffen hat nicht unmittelbar, nicht direkt. Er hat bei der Erschaffung der Welt in diese sichtbare Welt Kräfte gelegt, durch welche dieselbe auch erhalten wird. Der Schöpfungsbericht sagt uns das deutlich. Als Gott Pflanzen erwachsen ließ, hat Er zugleich gesagt, daß sie sich besamen sollen, damit auf diesem Weg die Pflanzenwelt erhalten bliebe und den Tieren hat er die Fähigkeit verliehen sich zu vermehren. Durch die in die Natur gelegten Kräfte wird die Welt erhalten. Es kann darum von außen angesehen wohl so scheinen, als ob die Welt sich selbst erhielte, doch wir Christen erkennen hinter allem die Macht und die Tat des Schöpfers. Denn der Schöpfer hat diese Kräfte ins Dasein gerufen, Er erhält sie. Es heißt im Psalter: wollte Er zurückziehen Seinen Odem, dann würde alles wieder in Staub zerfallen. Er hält diese Kräfte und es ist Ihm die Möglichkeit alle Zeit offen, unmittelbar einzugreifen in den Gang der Dinge. Wir haben einen Gott, der Wunder tut und der auch durch Wunder sich betätigen kann. – In den Menschen hat nun Gott, als Er ihn erschuf, Kräfte gelegt, Kräfte des Leibes und der Seele und diese Kräfte soll der Mensch gebrauchen und damit sind wir nun zu der Begriffsbestimmung dessen gelangt, was Arbeit ist. Arbeiten heißt die Kräfte anwenden, die Gott zur Erhaltung des Lebens in den Menschen gelegt hat, und da diese Kräfte doppelter Art sind nämlich des Leibes und der Seele, so ergibt sich damit, daß es eine vorherrschend körperliche und vorherrschend geistige Arbeit gibt, wiewohl beides nicht völlig getrennt werden kann, vermöge der Einheit Leibes und der Seele. Auch körperliche Arbeit muß mit Verstand verrichtet werden und auch die geistige Arbeit umgekehrt setzt die körperlichen Kräfte mit in Bewegung, wie auch die geistige Tätigkeit des Menschen an körperliche Organe gebunden ist und bleibt. Das ist die Begriffsstimmung der Arbeit subjektiv, wenn wir ausgehen vom Menschen. Aber es läßt sich auch eine wichtige objektive Definition der Arbeit geben. Arbeit ist dem Menschen von Anfang an zugewiesen gewesen, schon im Paradies. Es ist 1. Mose 2 die bedeutsame Bemerkung zu finden, daß Gott den Menschen ins Paradies gesetzt hat, dasselbe zu bebauen und zu bewahren. Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir sagen: Das wäre der Beruf des Menschen im heiligen Urstand gewesen, die ganze Erde allmählich zum Paradies umzuschaffen und all die Todeskeime, die in der Natur wohl doch schon vorhanden gewesen sind, obwohl uns das auf ein Gebiet tiefster Geheimnisse führt, zu überwinden, weil ja im Paradies durch den Baum des Lebens Kräfte des ewigen Lebens vorhanden gewesen sind. So haben wir den objektiven Gesichtspunkt für die Begriffsbestimmung der Arbeit gefunden. Gott hatte den Menschen zum Herrn über die Erde gesetzt, daß er herrsche über alle Kreatur und so ist die Arbeit im objektiven Sinn das Bemühen oder die Tätigkeit des Menschen (oder besser der Menschheit),