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in ihr sollen wir dem Geist nach jetzt schon leben. Daß darin kein Widerspruch oder Gegensatz liegen kann, das zeigt uns doch das Vorbild unseres hochgelobten Herrn und Heilandes selber. Er ist durch diese sichtbare irdische Welt gegangen, hat an allen Verhältnissen und Ordnungen dieses Lebens teilgenommen und ist doch Der gewesen, der nicht von dieser Welt war, der auch da Er hienieden war, von Sich sagen konnte ,des Menschen Sohn, der im Himmel ist.“ Am großartigsten tritt uns das entgegen in der Zeit nach der Auferstehung des Herrn, wo Der, der schon verklärt, der Herrlichkeit teilhaftig war, doch noch auf Erden verblieb, um Seine Jünger zu lehren und ihnen Großes und Wichtiges darzubieten. Wenn wir auch in einem Doppelverhältnis zur sichtbaren und unsichtbaren Welt stehen, so darf uns das um so weniger wundern, da dem Menschen ein doppeltes gegeben ist, ein sichtbares und unsichtbares Teil-Leib und Seele, Körper und Geist, der Leib oder Körper von der Erde, vom Staub der Erde genommen, die Seele von Gott ihm eingehaucht. Damit ist dem Menschen schon von Anbeginn diese Doppelstellung zugewiesen gewesen und wenn es auch eine Doppelstellung ist, Zwiespältigkeit ist es doch nicht; denn für uns Christen ist das Heil in Christo, die Gnade, die wir empfangen dürfen, das neue Leben mit Ihm das Eine, das alles ersetzt. Alles, auch die äußeren Erlebnisse, die irdischen Arbeiten müssen einen Christen auf dieses Eine, Wichtige, die große Hauptsache immer wieder hinführen und von dem Einen, Höchsten und Wichtigsten geht dann ein verklärender Schein aus auf alles, auch auf die einfachsten und geringsten Dinge dieses natürlichen Lebens.

 Wir reden in diesen Stunden von den Gnaden- und Segensquellen des Christenstandes und insbesondere des Diakonissenberufs und finden: Es gibt Gnadenquellen – hier natürlich das Wort im weiteren Sinn gebraucht – auch im natürlichen Leben. Es ist doch auch diese natürliche Welt Gottes Schöpfung, Gottes Reich. Solche dem natürlichen Gebiet angehörende Gnaden (im weiteren Sinn) kann man nennen: die natürlichen Geistesgaben, die den Menschen von Gott anvertraut sind und auf welchen alle Möglichkeit ihres geistigen Wachstums und ihrer Betätigung beruht. Man könnte nennen die natürlichen Ordnungen, die es in dieser Welt gibt – das Staatsleben, die Familie, auch Freundschaften sind Gaben oder Gnaden Gottes, die uns Christen geschenkt sind, damit aus ihnen die Möglichkeit der Wirksamkeit und Betätigung sich ergebe.

 Wir wollen nun heute reden: Vom Beruf zur Arbeit und von der darin gelegenen Zucht, insbesondere aber von der Arbeit im Schwesternberuf.

 Wir reden zuerst von der Arbeit und zwar von ihrer Notwendigkeit. Die Notwendigkeit der Arbeit ergibt sich aus der Selbständigkeit und Freiheit, welche Gott zum Teil den Kreaturen, besonders der vernünftigen Kreatur vergönnt hat. Schon die höherstehenden Tiere haben die Notwendigkeit