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gewollt und in der Gottesdienstordnung das heilige Abendmahl mit dem sonntäglichen Gottesdienst wieder verknüpft. Auch da wurde angenommen, daß sonntäglich eine Feier des heiligen Abendmahles, wenigstens in größeren Gemeinden stattfinden müsse und es gibt Vermahnungen aus der Reformationszeit, die dann gebraucht werden sollten, wenn keine Kommunikanten sich hinzufinden würden; es sind Vermahnungen strafender und tadelnder Art. Von Luther selbst ist bekannt, daß er sich vorgenommen hatte, alle 14 Tage zum Sakrament zu gehen. In unserer Kirche wenigstens ist es lange Zeit so geblieben, daß immer alle paar Wochen Abendmahlsfeier stattfand, aber aus der Bequemlichkeit der Pfarrer hauptsächlich wird es so gekommen sein, daß man allmählich besondere Abendmahlszeiten festsetzte, eine im Frühjahr und eine im Herbst, wodurch es kommt, daß in den meisten unserer Gemeinden das ganze Jahr hindurch mit Ausnahme dieser beiden Abendmalszeiten keine Möglichkeit besteht, zum Sakrament zu gehen. Man hat aus den Kirchenregistern nachgewiesen, daß anfangs die Geistlichen selbst, mit gutem Beispiel vorangehend, fleißig zum Sakramente gingen, solange sie es sich selber reichen durften. Als dann in falsch verstandenem Eifer gegenüber der römischen Praxis diese Darreichung des Sakraments durch eigene Hand (Selbstkommunion) verboten wurde, haben auch die Geistlichen, weil es ihnen Mühe machte, einen Amtsbruder beizubringen, selbst seltener mehr Gebrauch vom heiligen Sakrament gemacht. Man muß das fast als ein Gericht über unsere Kirche ansehen. Um ihrer Abendmahlslehre willen hat unsere Kirche die schwersten Kämpfe auf sich genommen, die schwersten Verluste ertragen, um dieser Lehre willen hat Luther mit den Reformierten keine Kirchengemeinschaft geschlossen und der ganze Kampf gegen die Union ist nichts anders als ein Kampf um die reine Lehre und das feste Bekenntnis vom heiligen Sakrament. Aber was unsere Kirche in der Theorie bekenntnismäßig festhielt, das hat sie in der Praxis zurücktreten lassen. Gegenwärtig steht es in diesem Punkt so, wie ich es in der letzten Stunde von der Privatbeichte sagte: Nur in den separierten Gemeinden, also in der lutherischen Freikirche und in Diakonissenhäusern wird gegenwärtig noch reichlicher Gebrauch von diesem Sakrament gemacht: sonst ist es in unsrer Kirche meist so, daß eben einmal im Jahr diejenigen zum Sakrament gehen, die äußerlich sich noch dazu halten, abgesehen von den kirchlich gerichteten Landgemeinden, in denen noch zweimaliger Abendmahlsgang besteht, aber leider auch nur als Sitte. Ein fleißiges persönliches Suchen dieses Gnadengutes findet selten statt und selbst geförderte Gemeindeglieder aus gebildetem Stand haben von diesem Gnadenmittel wenig Begriff und wenig wahrhafte Wertschätzung. Es soll gewiß nicht ein äußerliches Gesetz festgestellt werden, wie oft der Einzelne gehen soll. Der Einzelne kann sich eine bestimmte Vornahme wohl machen; aber es ist das Richtige, dann zum heiligen Sakrament zu gehen, wenn ein besonderes Verlangen nach der Gemeinschaft mit Christo und der Stärkung in der