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Tropfen, jedes Atom des Weines in das Blut Christi verwandelt sein soll, nicht nur etwa für den Genuß die Vereinigung stattfindet, so wird der Gemeinde der Kelch entzogen, weil sonst die Gefahr bestände, daß durch die Austeilung etwas verschüttet, verloren und zertreten werden könnte. Schon dadurch zeigt sich das Irrige dieser Auffassung, gar nicht davon zu reden, daß der andere noch größere Irrtum dazukommt, als ob durch diese durch die Hand des Priesters geschehene Wandlung des Brotes und Weines in Christi Leib und Blut zugleich das Opfer Christi in unblutiger Weise wiederholt werden solle, denen zu gut, die es empfangen, die andächtig gegenwärtig sind oder für welche dabei gebetet wird, woraus „der Greuel des Meßopfers“, wie unsere Väter sagten, entstanden ist zu Schaden des alleinigen Verdienstes des Opfers Jesu Christi. Das ist eine starke Überschätzung, der nun – im äußersten Gegensatz dazu – auf reformierter Seite die Unterschätzung gegenübertritt, die leugnet, daß in Wirklichkeit Christi Leib und Blut ausgeteilt und empfangen wird. Es ist allbekannt, daß Zwingli überhaupt nur ein Zeichen, nur eine Erinnerung an den Tod Christi im heiligen Abendmahl findet. Und wenn auch Calvin sich überzeugte, daß damit nicht auszukommen sei und von einem Empfang des Leibes und Blutes Christi reden wollte, so hielt er doch von Anfang bis Ende fest, daß dieser Empfang nur durch den Glauben geschehe, nicht durch den mündlichen Genuß des Brotes und des Weines. Es steht also in Wirklichkeit dem gleich, was auch sonst durchs Gebet und den geistlichen Empfang von Leib und Blut Christi geschehen kann. Die besondere Bedeutung des Sakramentes kommt auch hier in Wegfall. Da nun, wie ich sagte, Unterschiede in der Lehre und im Glauben unter Christen bestehen, kann das heilige Mahl nicht mehr ein Mahl der Vereinigung für alle sein, das ist klar, sondern es ist das nur mehr für die, die auf gleichem Glaubensgrund stehen. Aber es ist auch gar nicht zufällig, daß in der Abendmahlslehre diese Konsequenzen der Verschiedenheit zum Vorschein kommen müssen. Man hat mit Recht gesagt, daß den 3 Hauptkonfessionen eine verschiedene Auffassung des Verhältnisses von Göttlichem und Menschlichem zugrunde liegt. Die Reformierten trennen in spiritualistischer Weise Göttliches und Menschliches auf den verschiedenen Gebieten, besonders in der Lehre von der Person Christi selber, indem sie sagen, daß Jesus, der Erhöhte, nur nach seiner göttlichen Natur allgegenwärtig sein könne, während die menschliche Natur im Himmel örtlich eingeschlossen sei, wenn auch in der Herrlichkeit. Also trennen sie in nestorianischer Weise die göttliche und menschliche Natur des gen Himmel erhöhten Herrn. In der Lehre von den Gnadenmitteln überhaupt, in der Lehre von der Wirkung des Wortes tritt uns diese abstrakte Trennung des Göttlichen und Menschlichen entgegen. – Die katholische Kirche dagegen will jetzt schon gleichsam die einstige Vollendung darstellen, und es wird jetzt schon das Menschliche in Göttliches verwandelt. Doch muß gesagt werden, in der Lehre von der Person Christi hat die