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zeigten sie sich unbußfertig, so wurden sie durch den Bindeschlüssel aus der Gemeinde ausgeschlossen. Wie weit die alte Kirche das Amt der Schlüssel und die Absolution auch für die Seelsorge angewendet hat, ist nicht bekannt, wenn man auch nicht bezweifeln wird, daß eine Anwendung im Dienst der Seelsorge stattgefunden hat. Eine Anordnung der Beichte hat die alte Kirche nicht gekannt. Erst bei einem weiteren wichtigen Abschnitt in der Entwicklung der christlichen Kirche, nämlich beim Eintritt der germanischen Völker in die Christenheit, trat die Beichte auf. Es hatte sich damals eine bedeutsame Wendung auf einem anderen Gebiet vollzogen. Die Taufbewerber, also diejenigen, die der christlichen Gemeinde beitreten wollten, mußten in der alten Kirche eine lange Zeit des Lernens durchmachen. Es war die Einrichtung des sog. Katechumenats dessen Dauer durch einen Beschluß der Synode zu Nicäa (325) bestimmt wurde. Weil damals die Massen sich dem Christentum zuzuwenden begannen, infolge des Umstandes, daß der Kaiser selbst sich fürs Christentum erklärt hatte, so hat die Synode die Zeit des Taufunterrichts auf 3 Jahre festgesetzt, um den Zudrang zurückzudämmen. Diese Einrichtung des Katechumenats ist in der evangelischen Mission erneuert worden. Es wird nie ein Taufbewerber gleich getauft, sondern erst nach entsprechender Zeit des Unterrichts. Als die germanischen Völker sich der Christenheit zuwendeten, war die Veräußerlichung der Kirche schon so fortgeschritten, daß man zur Praxis überging, in Massen die Völker zu taufen. Man ließ die Erziehung vor der Taufe völlig fahren, statt dessen hat die Kirche eine Erziehung nach der Taufe einsetzen wollen und dafür die Beichte als eine regelmäßige pflichtmäßige Handlung eingeführt und allerdings nie anders denn als Einzelbeichte. Die Kirchenglieder mußten sich dieser Ordnung der Einzelbeichte unterwerfen und wurden in der Beichte genau befragt über ihr Leben. Man suchte auf diesem Weg eine allmähliche Erneuerung des Lebens herbeizuführen. So ist die Beichte in der christlichen Kirche aufgekommen ungefähr um 600–800 und stand demnach im Dienst der kirchlichen Erziehung. Einen weiteren Schritt hat dann der Papst getan, den man den gewaltigsten und machtvollsten der Päpste nennen kann: Innocenz III, indem er auf dem Lateran-Konzil 1215 die Ohrenbeichte anordnete als ein kirchliches Machtmittel, nicht mehr nur als ein kirchliches Erziehungzmittel wie bis dahin. Die Ohrenbeichte besteht in der den Einzelnen auferlegten Verpflichtung, alle Sünden, deren sie sich erinnern können, dem Beichtiger aufzuzählen, ohne welches Tun sie keinen Anteil an der Vergebung hätten. Im Zusammenhang damit war die Lehre von der Buße veräußerlicht. Man erklärte die Buße für ein Sakrament. Aus einem Vorgang im Innern des Menschen, der dauernd vorhanden sein muß, machte man eine Handlung, die von Zeit zu Zeit vollzogen werden kann und als Wesensbestandteil der Buße wurden genannt: Zerknirschung des Herzens, Bekentnis mit dem Munde, Genugtuung mit der Tat. Alle drei galten als verdienstliche Werke, durch welche der Einzelne die Gnade