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der Weg sein, auf dem man an die Gewissen kommt. Das Wort der Wahrheit ist und bleibt es, das wie ein Hammer die Felsen zerschmeißt, die Herzen klein und damit empfänglich macht für die Wahrheit. Das Wort der Wahrheit vermag Herz und Gemüt auszurichten und zur freudigen Erfassung des Heils zu bringen.

 Die Predigt muß nur fleißig gehört werden. Das braucht den Schwestern unseres Hauses nicht ans Herz gelegt zu werden, aber dies, daß es ein Hören sein muß, das zugleich zur Tat wird, ein Hören und Tun des göttlichen Wortes, daß man das Wort, das dargeboten wird, auch wirklich hält. So will es der Herr haben: „Lehret sie halten, was Ich euch geboten habe.“ Man muß das Wort an sich wirken lassen Buße und Glauben an die Gnade und den Antrieb zur Heiligung, so daß das Wort wirklich in unseren Herzen Wurzel faßt.

 Es kann das Darbieten des Wortes auf dem Weg mündlicher Verkündigung auch die Gestalt der Bibelauslegung haben, sogen. Bibelstunden, wo man das Wort Vers für Vers durchspricht, um das Verständnis desselben zu eröffnen, wo man beim Bibelwort selber bleibt, um die Schriftkenntnis zu befördern, während die eigentliche Predigt mehr die Heilserkenntnis im Auge hat. Bibelbesprechungen werden in der Gegenwart mit Recht vielfach empfohlen, um auf dem Weg der Fragestellung und der Besprechung leichter in Sinn und Meinung des Schriftworts einzudringen.

 Wir gehen vom Hören des Worts über zum Lesen des Buches, das uns eine Quelle der Gnade im höchsten Maße ist und bleibt.

 Die Schrift kann auf die mannigfachste Weise gelesen werden, zunächst im Dienst der Schriftkenntnis selbst und hiezu ist ein fortlaufendes Lesen der biblischen Bücher erforderlich, wie es nicht minder erforderlich ist, daß ein evangelischer Christ die ganze Bibel doch wenigstens einmal gelesen haben muß und wenn ihm die Zeit verstattet ist, wohl wiederholt den Vorsatz faßt, die ganze Schrift von Anfang bis Ende durchzulesen zum Zweck der Schriftkenntnis. Im Dienst der Heilserkenntnis wird es mehr auf das Vergleichen der verschiedenen Stellen und Schriftaussagen ankommen. Wenn man z. B. über irgend einen Punkt der Heilserkenntnis ins klare kommen will, wie etwa über die Bedeutung des alttestamentlichen Gesetzes oder des Volkes Israels oder über die Lehre von der Heiligung, so wird es sich darum handeln, daß man die Stellen aufsucht, in welchen diese Punkte irgend zur Aussage kommen. Es kann die Schrift ferner gelesen werden im Sinne der betrachtenden Anwendung auf sich selber, das führt auf die Meditation, d. h. das ernstliche Nachdenken über ein Schriftwort und das Bestreben, dasselbe strafend, ermahnend, aufrichtend auf sich selber anzuwenden. In diesem Sinn ist bekanntlich die stille halbe Stunde, als eine ursprüngliche Einrichtung des hiesigen Hauses, von Löhe gemeint. Es kann die Schrift gelesen werden im Sinn der Heiligung der Tagesarbeit und darin liegt die Bedeutung der Tagessprüche oder Losungen, die so gemeint sind, daß man sie den Tag über im Herzen bewegen soll mitten in den täglichen