Seite:Wilhelm Eichhorn - Einsegnungsunterricht 1912.pdf/23

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die schriftliche Verabfassung der Weissagungsreden. Der zweite Teil des Jesaia, in welchem der Prophet seinen Standpunkt ferne im Exil nimmt, enthält gar nicht mündlich gehaltene, sondern nur schriftlich verfaßte Reden. Das Buch Daniel, – mag es von ihm selbst verfaßt sein oder später von einem anderen auf Grund danielischer Niederschriften – auch dies Buch ist nur schriftlich niedergelegt und für die fernen Zeiten bestimmt. Daneben entstand in Israel auch sonst eine heilige Literatur, d. h. Schriftwerke, die von vornherein als Schriften vermeint sind. Nehmen wir das Buch Hiob, dies großartige Lehrgedicht, das von vornherein nur als schriftlich verfaßt denkbar ist.

 Im neuen Testament ist nun der Gang der Dinge ein ähnlicher gewesen. Das Evangelium von Christo ist zunächst mündlich verkündet worden durch die, welche der Herr als Seine Zeugen ausersehen hatte. Bald schon gab sich Gelegenheit, daß die heiligen Apostel in Ausübung ihres Apostelamts in treuer Obsorge für die Gemeinden, die sie begründet hatten unter den Heiden und die sie – zumal der große Apostel der Heiden – stets auf betendem Herzen trugen, schriftlich Weisung, Trost, auch Strafe und Zurechtweisung zukommen zu lassen. So sind die ältesten Bücher des neuen Testamentes, die Episteln oder wenigstens ein ansehnlicher Teil derselben entstanden. Später als die Zeugen dessen, das geschehen war in den großen Tagen der Fülle der Zeit, mehr und mehr dahingingen, ist das Evangelium auf Leitung und unter Antrieb des heiligen Geistes in Schrift verfaßt worden. Und wiederum das letzte Buch des neuen Testaments „das Buch der Weissagung“, „das Trostbuch der Kirche Gottes für die Zeiten des Endes“ ist nur als in Schrift verfaßt denkbar, weshalb wir dort wiederholt im Munde des Engels, durch welchen Jesus Seinem Knecht Johannes die Offenbarung gab, das Wort hören: „Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß.“

 So besitzen wir denn das Wort Gottes als ein geschriebenes und wir sind dafür dem Geiste Jesu Christi und dem erhöhten Herrn der Kirche anbetenden Dank schuldig. Der Herr hat in jener Scheidestunde im hohenpriesterlichen Gebet aller derer gedacht, die durch der Apostel Wort an Ihn würden gläubig werden. Er hat auch unser nicht vergessen und er hat uns und den kommenden Geschlechtern zu gut Sein Wort in Schrift fassen lassen, damit es in Schrift fest und unbeweglich bleibe, daß wir ein Zeugnis Seiner Gnade hätten und ein wahres Licht und Recht, von dem die Losung ausgegeben werden kann: „Ja, nach dem Gesetz und Zeugnis“ oder vielmehr: „Zum Gesetz und Zeugnis“, wie Jesaias 8, 6 ausruft, gilt es sich zu sammeln, daran gilt es sich zu halten. Das Wort, das in der Schrift niedergelegt ist, wird als Wort Gottes von uns darum anerkannt, weil es von Gott eingegeben ist. Die göttliche Eingebung der heiligen Schrift hat sich dem menschlichen und christlichen Geistesleben entsprechend so vollzogen, wie schon unsere Väter sagten, daß der heilige Geist die Verfasser zum Schreiben antrieb, daß Er beim Schreiben die Sache selbst, die heilsame