Seite:Wilhelm Eichhorn - Einsegnungsunterricht 1912.pdf/19

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Uns ist es klar und deutlich, daß in die Heilsordnung der heilige Geist durch Wort und Sakrament wirken will.

 Wenn wir nun von den Gnaden- und Kraftquellen des Christen- und Diakonissenlebens reden wollen, so müssen hierbei offenbar die Gnadenmittel in vorderster Reihe stehen. Wenn wir unsere Betrachtung begonnen haben mit der hl. Taufe, so war das aus dem praktischen Gesichtspunkt heraus geschehen, daß für uns in der Christenheit Geborene mit der hl. Taufe die Gnadenwirkung des hl. Geistes beginnt, daß hier die Quelle sich öffnet, die unser ganzes Leben mit dem belebenden Strom göttlicher Geisteswirkungen erfüllt. Wenn wir rein sachlich hätten vorgehen wollen, wenn wir nicht diesen praktischen Weg hätten einschlagen wollen, so hätten wir ja allerdings zuerst von dem Gnadenmittel des Wortes reden können; denn der Bedeutung nach ist das Wort das erste Gnadenmittel. Ohne Wort würden wir vor allem von den Sakramenten überhaupt nichts wissen; denn im Wort der Schrift ist uns die Einsetzung der Sakramente mitgeteilt. Ohne Wort könnte man die Sakramente nicht verwalten; denn es muß bei der Verwaltung der Sakramente das Wort der Stiftung in Anwendung kommen. Wir können weiter sagen: Das Wort enthält an und für sich all die Gnade, all das Heil, das zur Seligkeit der Menschen, zur Erweckung und Förderung eines Lebens aus Gott notwendig ist. Und endlich noch: aus dem Wort allein kann der Glaube, nämlich der bewußte Glaube kommen, ohne welchen die Sakramente zwar giltig bleiben, aber einen Segen, einen Nutzen nicht zu bringen vermögen. Wir reden nun heute:

vom Wort und von der Schrift

als der hervorragendsten Quelle der Gnade und vom Hören des Wortes und dem Lesen der Schrift, welches dann die Quellen der Kraft sind, die durch Wort und Schrift in uns gewirkt werden können.

 Was ist es Großes und Wichtiges überhaupt um das Wort. Die Sprache, hat man mit Recht gesagt, ist das Zepter der Menschheit, das Wahrzeichen der Herrschermacht, welche dem Menschen als Herrn der Schöpfung gegeben ist. Das Wort ist der Ausdruck davon, daß der Mensch denken und also auch selbständig wollen kann. In den Tieren finden sich mancherlei Anlagen, die mit den Geistesgaben der Menschen einige Ähnlichkeit besitzen, wie Gedächtnis und auch etwas von Verstand. Aber dem Tiere fehlt das Selbstbewußtsein, das Wissen von sich selbst und also die Möglichkeit, selbständigen, zielgemäßen Denkens. Die Tiere zeichnen sich z. B. durch ein erstaunliches Gedächtnis aus. vermag das kluge Pferd einen Weg zu finden, den es vor Jahren gemacht hat, so aber, daß es dabei deutlich an die sinnliche Erscheinung gebunden ist. Wenn es den Weg wiederkommt, klingt die Erinnerung gewissermaßen in ihm an, aber selbständig sich vorzustellen, welcher Weg sonst etwa