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Kleidern angetan, Palmen tragen, also schon den Sieg erlangt haben durch seliges Sterben und ruft tröstend zu: „Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Sie werden ruhen von ihrer Arbeit.“ Das war schon im Alten Testament gleichsam vorgebildet dadurch, daß Henoch in die Herrlichkeit erhöht wurde und daß Elias durfte emporgehoben werden in die höhere Welt, wie auf lichtumflossenem Wagen, von den Engeln geleitet. Das meint auch das hohe Lied unserer Kirche, das wir zum Anfang gesungen haben, nämlich die Seligkeit, die den Einzelnen bevorsteht durch ein Abscheiden im Glauben und Bekenntnis des Sohnes Gottes. Herrliche Hoffnung, die wir haben, daß wenn dieser Leib zu Staub wird, wenn unser Leben hinsinkt in den Tod, unsere Seele bei Jesus ist in der Ruhe, die vorhanden ist dem Volke Gottes. Und doch ist das noch nicht die ganze und volle Christenhoffnung; denn der Apostel sagt Römer 8 „Wir warten auf unseres Leibes Erlösung.“ Er meint nicht die Erlösung vom Leib, sondern die Erlösung des Leibes selber. Sagt er doch im Philipperbrief deutlich, daß „Gott unsern nichtigen Leib, diesen Leib der Nichtigkeit verklären wird, daß er ähnlich werde dem verklärten Leibe Christi, dem Leibe seiner Herrlichkeit, nach der Wirkung, damit Er kann auch alle Dinge sich untertänig machen.“

 Gewiß, die Seelen der Gläubigen sind geborgen bei Jesu, in seiner Gemeinschaft, nicht etwa im Seelenschlaf, sondern in freudigem wachen Zustand, im Besitz der Gemeinschaft mit Christo und den heiligen Engeln und den vollendeten Gerechten. Die volle Seligkeit ist das aber noch nicht; denn der Leib fehlt, der der Seele Wohnstatt und das Werkzeug seiner Betätigung ist. Wir erwarten eine Verklärung des Leibes und sie ist uns verbürgt durch Christi Auferstehung und kommt mit Seiner Erscheinung, mit Seiner Wiederkunft in Herrlichkeit. So ist der eigentliche Gegenstand der Christenhoffnung die Wiederkunft Jesu Christi. Er wird freilich zum Gericht über seine Feinde, aber für die Seinen zur Erlösung kommen, wie Er ihnen zuruft: „Hebet eure Häupter auf, darum, daß sich euere Erlösung naht.“ Er wird dann Sein Reich in Herrlichkeit aufrichten, seine Auserwählten sammeln von den vier Winden und allen Zeiten der Erde. Und eine Verklärung der Welt, der ganzen Kreatur ist uns verheißen; denn wir warten eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Das ist die eigentliche Christenhoffnung, das ist die Krone des christlichen Glaubensbekenntnisses: „Ich warte auf eine Auferstehung der Toten und ein Leben der zukünftigen Welt.“ Über das Einzelne haben wir nicht völlige Klarheit, sollen aber danach streben.

 Das bisher über die christliche Hoffnung gesagte entnehmen wir den Aussprüchen Christi selber und den Worten der heiligen Apostel. Aber nun ist der Christenheit im letzten Buch der Bibel ein Buch der Hoffnung gegeben in „der Offenbarung St. Johannis.“ So hoch wir Luther stellen, er hat geirrt, wenn er die Offenbarung nicht für apostolisch erklärt hat. Er deutete sie kirchengeschichtlich,