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zum Ausdruck brachte. Und so ist eine wichtige Glaubenslehre nach der andern von der Kirche erkannt und ausgesprochen worden. Zuerst im Gegensatz zu den Gnostikern das Verhältnis Gottes und der Welt, daß Gott der Schöpfer aller Dinge, der sichtbaren und der unsichtbaren ist, dann im Kampf gegen Arius die Lehre von Christo als wahrem Gott und die von der heiligen Dreieinigkeit. Dann kam das Verhältnis der beiden Naturen in Christo zur Klarstellung und schließlich im Chalcedonense zur kirchlichen Anerkennung. Zwei theologische Schulen waren damals besonders hervorragend, welche die Person des Erlösers von verschiedenen Gesichtspunkten aus ins Auge faßten. Die Antiochenische Schule, in dem alten Antiochien, dem Ausgangspunkt der Heiden-Christenheit, betrachtete Christum mehr nach seiner menschlichen Erscheinung, wogegen die Alexandrinische Schule mehr die göttliche Seite Christi vor allem ins Auge faßte. In irriger Folgerung kam die Antiochenische Schule durch Nestorius zu einer Trennung der menschlichen und göttlichen Natur, insbesondere meinte sie, daß der erhöhte Christus nur nach seiner Gottheit, nicht aber nach seiner Menschheit allgegenwärtig sein könne, eine Zerreißung der göttlichen und menschlichen Natur durch zu starkes Betonen der menschlichen Seite. Die Alexandriner im Gegenteil kamen in zu starker Betonung der göttlichen Seite auf den Gedanken, die menschliche Natur Christi sei in die göttliche verwandelt worden, sodaß in Wahrheit nur mehr eine Natur in Christo sei. Das ist die Richtung der Monophysiten bezw. der armenischen Kirche, die noch besteht, nachdem sie sich eine kirchliche Sonderexistenz geschaffen hat. Den richtigen Ausgleich fand eben die Kirchenversammlung von Chalcedon. Gewiß ist manches unter ihren Beschlüssen jener damaligen Zeit angehörig und den Streit, ob Maria genannt werden könne Gottesgebärerin oder Christusgebärerin, könnte man füglich ruhen lassen, denn wir bleiben am besten bei dem biblischen Ausdruck: „sie ist die Mutter des Herrn und das Heilige, das von ihr geboren ist, ist Gottes Sohn zu nennen.“ Auch die Ausdrücke göttliche und menschliche Natur und die eine Person in Christo hat man wohl als menschliche Ausdrücke beanstandet, aber wir behalten sie solange bei, als uns nicht etwas Besseres sich bietet und in menschliche Ausdrücke muß immer Lehre und Bekenntnis gefaßt werden. Das Chalcedonense hat doch der Kirche den Dienst getan und tut ihn noch heute, felsenfest zu bezeugen, daß Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch.

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 Das Bekenntnis von Chalcedon: „In Christo sind zwei Naturen, die göttliche und die menschliche vereinigt zu einer Person und zwar untrennbar (das ist gegen Nestorius gesagt) und unvermischt“ (das wird gegen die monophysitische Richtung ausgesprochen), also zwei Naturen in einer Person, das hat Luther in der Auslegung des 2. Artikels schön und klar wiedergegeben: „Ich glaube, daß