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Fürsorgewesen sozialer Art und in der Gefangenenfürsorge, selbstverständlich kommt hier immer, soweit es sich um Erwachsene handelt, das weibliche Geschlecht in Betracht.

 Nun aber ein weiterer Kreis, der allerdings über die Grenzen der Arbeit am weiblichen Geschlecht hinausgeht, aber solche Tätigkeiten in sich schließt, die der weiblichen Hand und Gabe zufallen. Hier kommt in Betracht das große Gebiet der Krankenpflege in Krankenhäusern und Heilstätten, in Gemeinden und bei Privaten; dann auch die Pflege in den Irrenhäusern, freilich ein noch unerfüllter Wunsch, daß in größerer Ausdehnung diese wichtige Pflege in die Hand von Diakonissen gelegt werden könne –; auch die Fürsorge für Lungenkranke gehört herein. Wenn die Ausbildung der weiblichen Aerztin in Deutschland eine andere geworden wäre, wenn man von dem Gedanken abgesehen hätte, weibliche Persönlichkeiten gerade so wie männliche auf den Universitäten studieren zu lassen, wenn man, wie es richtig gewesen wäre, besondere Bildungsanstalten für weibliche Studierende allein errichtet hätte, dann könnte auch Diakonissen dieser Beruf sehr wohl zustehen. Wenn man weiß, wie es selbst auch in den Polikliniken zugehen kann bei Untersuchung weiblicher Kranken, so erkennt man es für höchst wünschenswert, daß es auch Aerztinnen gibt für das weibliche Geschlecht, weil gar so leicht die Grenzen der Züchtigkeit überschritten werden und so würde dieser Gedanke nicht abgelehnt werden müssen, so wenig wir uns dem erst sehr weit weggeworfenen Gedanken entziehen konnten, Lehrdiakonissen auf Universitäten studieren zu lassen.

 Es handelt sich dann weiter um den Kreis der Pflege körperlich und geistig Mangelhafter. Hier handelt es sich ebenso wie bei der Krankenpflege nicht nur um Frauen, die dieser Pflege bedürfen, sondern auch um Männer; denn nur die weibliche Art hat die Gabe wirklich sorgsamer Fürsorge und linder Pflege, wofür dem männlichen Geschlecht doch mehr oder weniger der Sinn abgeht. Hierher gehört die Arbeit an Blöden und Epileptischen, an Krüppelhaften, die Fürsorge für Taube, Stumme, Blinde und Taubstumme, dann weiter die Fürsorge für Gebrechliche und Schwache, die Arbeit in Genesungsheimen, in Häusern für halbe Kräfte und in Armenheimen. Hier betätigt sich weibliche Gabe auch an Leidenden und Mangelhaften des andern Geschlechts, aber streng innerhalb der dem weiblichen Geschlecht gesetzten Grenzen. Der weiteste Kreis ist die Gemeinde- und Armenpflege, die Diasporaarbeit, also eigentlich kirchliche Arbeit und gemeindliche Funktionen, die Hilfe in Landesnöten, also Kriegskrankenpflege und endlich der Dienst im Heiligtum durch Paramentik und Hostienbereitung.

 Das sind die immer weiter gezogenen Kreise, die der Arbeit der Frau befohlen sein können. So darf die Diakonissenarbeit an der Liebestätigkeit der Kirche in der mannigfachsten Weise sich betätigen.