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Verwaltung der Sakramente, im Unterricht und Seelsorge, in ihren Kirchenordnungen findet sie sich und umfaßt uns und führt uns liebend an der Hand von der frühsten Kindheit an. Und so gibt es eine Kirche auf Erden, die auch in die Erscheinung tritt als der schönste Liebesgedanke unseres Herrn und die ihm durch den kirchlichen Dienst seine Schäflein, die er lieb hat, leitet und weidet zu den lebendigen Wasserbrunnen.


III.

 Aber dürfen wir wirklich die Kirche den schönsten Liebesgedanken des Herrn nennen, ohne zu erröten und uns schämen zu müssen? Denken wir daran, daß die christlichen Völker, die miteinander verbunden sein sollten, sich jetzt im blutigen Krieg zerfleischen! Doch hat uns Christus vorhergesagt, daß Krieg und Kriegsgeschrei nicht aufhören, sondern fortgehen und je mehr das Ende kommt zunehmen werde. Innerlich wissen wir uns auch jetzt jederzeit mit allen wahren Christen eins, auch wenn die Einigkeit gar nicht betätigt werden kann. Schwerer ist das andere, daß die Kirche nicht mehr einig ist in sich wie sie sein sollte, sein muß, ihrem Wesen nach.

 Darum müssen wir in Kürze reden:
von der Wirklichkeit der Kirche, die oft dem Gedanken der Kirche widerspricht und ihn nur unvollkommen in die Erscheinung treten läßt. Sehr weise hat die Augsburgische Konfession in zwei Artikeln, dem 7. und 8., von der Kirche geredet, in Artikel 7 hat sie das Wesen der Kirche gekennzeichnet, daß sie die Gesamtheit der Gläubigen ist, bei der Gottes Wort gepredigt und die Sakramente recht verwaltet werden, im 8. aber gezeigt, daß die Kirche auch da noch vorhanden sei, wo Ungläubige und Gottlose beigemischt sind und daß die Sakramente giltig bleiben, auch wenn die Priester nicht fromm sind. Und die Apologie gibt die Unterscheidung, daß es eine Kirche gibt im eigentlichen Sinn nach ihrem Wesen und eine Kirche im weiteren Sinn nach der tatsächlichen Wirklichkeit. Es verhält sich ähnlich wie beim Einzelchristen, so wie 1. Joh. 3, 2 gesagt ist: „Wir sind nun Gottes Kinder und es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden.“ So gibt es eine Kirche und sie tritt auch in die Erscheinung, aber freilich in ungenügender Weise wirkt sie sich aus und ist sie ausgestaltet in der Wirklichkeit in der Gegenwart. Der Herr Jesus hat das vorausgesehen und vorausgesagt, daß der Acker der Kirche auch Unkraut tragen wird, das der Feind säet. Und wie ist es dem Herrn im hohenpriesterlichen Gebet am Herzen gelegen, daß die Kirche möge eins bleiben und daß sie heilig möge sein! Der Herr sagt voraus, daß die Wirklichkeit der Kirche ihren Gedanken nicht völlig entspricht und darum ihre Erscheinung nur unvollkommen sich gestaltet. Das darf uns aber