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die Ionier die Schöpfer der griechischen wissenschaftlichen Prosa sind. Ilberg hat auch sehr schön die Spuren des mündlichen Vortrages aufgezeigt, ähnlich wie in den Lehrschriften des Aristoteles. Zeigen läßt es sich nicht mehr, daß die Ias, nicht die Doris der Pythagoreer die mathematische feste Sprache begründet hat, aber Hippokrates von Chios dürfte den Anfang gemacht haben, wenn die Vollendung auch erst in der Schule Platons erreicht ist.

Das Grundbuch der knidischen Schule, das noch ganz archaisch gewesen sein muß, trug den Titel γνῶμαι Κνίδιαι, bediente sich also noch einer uralten Stilform, des Spruches, in dem der erfahrene weise Mann die Summe seiner Erkenntnis zusammendrängt. „χρήματα χρήματ’ ἀνήρ sagte Aristodemos“ ist ein Beispiel aus dorischem Lande; die Sprüche der Sieben treten dazu, von denen viele bereits anonym waren oder vielmehr geworden waren. So ist entstanden, was wir Sprichwort nennen, und schon Hesiodos hat Sprichwörter wie Perlen auf eine Schnur gezogen. Wenn dann wie in den knidischen Gnomen eine zusammenhängende Lehre in Sprüchen vorgetragen war, so ergab sich ein eigentümlicher Stil. So hat Herakleitos geschrieben, so allem Anschein nach noch Demokritos in dem Buche, dem die zahlreich erhaltenen echten Sprüche entstammen. Isokrates hält sich in den Reden an Nikokles an diese Form, und die Trivialethik der Rede an Demonikos macht es nach. Für den Katechismus schickt sich das, daher stellt Epikur seine κυρίαι δόξαι zusammen. In der Reihe der Krankheiten, ihrer Beschreibung und Therapie in π. νούσων IV ist die Form potenziert[1]. Die hippokratischen Aphorismen sind eine

  1. Ilberg hebt hervor, daß das Werk mit einer γνώμη anhebt, νόμος μὲν πάντα κρατύνει (VII 470 L). Das ist ein Sprichwortvers; der Verfasser hat das μὲν eingeschoben, um ihn einzuordnen. Ursprünglich lautete es offenbar τὰ πάντα, denn die Senkungen sind frei, Griech. Verskunst 382.