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Lexikon vorbereiten, das auch für die alte Sprache wichtig sein wird, denn es haben sich einzeln alte Wörter erhalten und manches in unserer Überlieferung vereinzelte oder ganz verschollene findet so seine Erklärung[1].

Die Griechen haben unter Augustus den verhängnisvollen Weg der sprachlichen Reaktion eingeschlagen, als ihre Nation unfrei, materiell und geistig verarmt in dem Zurückgreifen auf die Sprach- und Stilformen ihrer großen, drei Jahrhunderte zurückliegenden Vergangenheit das Heil sah. Das ist nur eine, aber die sinnfälligste Erscheinung der allgemeinen Umkehr des hellenischen Geistes. Es ist nicht zu leugnen, daß ein neuer Aufstieg erfolgte, und es hat seinen besonderen Reiz zu beobachten, wie der Archaismus nach hundert Jahren sich rühmen darf, das Ziel erreicht zu haben, und doch die Individualität einzelner Talente sich innerhalb der Schranken des künstlichen Attisch durchzusetzen vermag. Erreicht ist es durch die Grammatiker und die Schule, denn es ist nicht zu bezweifeln, daß die alten Formen gleich mit dem elementarsten Unterrichte eingeprägt wurden, der fast verschollene Optativ, selbst im Futurum, Präpositionen, die den Dativ regieren (sogar ἀμφί und μετά), und der Dual. Papyri zeigen, wie die Schüler sich die Paradigmen aufschreiben müssen. Von ungeheuerer Bedeutung wird die durchaus archaistische Regelung der Orthographie durch Herodian, die in unseren Handschriften sämtliche Texte reguliert hat. Es ist sehr glaublich, daß Plutarch ει für das lange i geschrieben hat, recht viele das verstummte i fortließen. Wir sind dem Herodian dankbar, weil uns am meisten an den Klassikern liegt, aber seine Tendenz sollen wir nicht verkennen, und er hat auch Fehler


  1. Es sei nur an ein bekanntes Beispiel erinnert, κοντός ist jetzt das allgemeine Wort für kurz und κοντοπορεία heißt schon bei Polybios der kürzeste Weg von Korinth nach Argos; aber das ist ganz vereinzelt in dem antiken Schrifttum.