William Shakespeare: Was ihr wollt. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII. | |
|
etwas vorstreken; was ich habe ist was weniges, aber ich will doch mit euch theilen was ich habe; nemmt, das ist die Hälfte meines Vermögens.
Antonio.
Und ihr seyd fähig, mich izt zu mißkennen? Ist’s möglich
daß meine guten Dienste – – o sezt meine Noth nicht
auf eine so harte Probe, oder ihr könntet mich zu der
Niederträchtigkeit versuchen, euch die Freundschaft, die ich euch
bewiesen habe, vorzurüken.
Viola.
Ich weiß von keiner, und kenne euch weder an eurer
Stimme noch Gestalt. Ich hasse Undankbarkeit mehr an
einem Mann als Aufschneiden, einbildisches Wesen, waschhafte
Trunkenheit, oder irgend eine andre Untugend, wovon
der anstekende Saame in unserm Blute stekt.
Antonio.
O Himmel! – –
Ein Officier.
Kommt, mein Herr, ich bitte euch, geht.
Antonio.
Laßt mich nur noch ein Wort sagen. Diesen jungen
Menschen, den ihr hier seht, zog ich aus dem Rachen des
Todes; ich that alles was der zärtlichste Bruder thun könnte,
ihn wieder herzustellen; ich liebte ihn, und ließ mich
von seiner Gestalt, die mir die besten Eigenschaften anzukündigen
William Shakespeare: Was ihr wollt. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 476. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/476&oldid=- (Version vom 1.8.2018)