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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

Sechste Scene.
[Ein Schlaf-Zimmer. Desdemona in einem Bette, wovon der Vorhang halb weggezogen ist.]


Othello tritt mit einem Degen in einer, und einem Licht in der andern Hand auf.

Othello.

Die Beleidigung ist zu groß, zu groß, meine Seele – – Laßt sie mich nicht vor euch nennen, ihr keuschen Sterne! Sie ist zu groß! – – Und doch will ich ihr Blut nicht vergiessen, noch diese ihre Haut zerrizen, die weisser als Schnee, und so glatt wie Alabaster ist.

[Er legt seinen Degen nieder.] 

Und doch muß sie sterben; sie würde sonst noch mehr Unglükliche machen. Das Licht ausgelöscht, und dann – – Das Licht auslöschen – – O du dienstbare Flamme, wenn ich dich auslösche, und es gereut mich, so kan ich dir dein Licht wieder geben: Aber wenn dein Licht einmal ausgeblasen ist, du vollkommenstes Modell der sich selbst übertreffenden Natur, so weiß ich nicht, wo dieser prometheische Funke ist, der es wieder anzünden kan – – (Er stellt das Licht hin.) Wenn ich deine Rose abgepflükt habe, so kan ich ihr den belebenden Geist nicht wiedergeben; sie muß verwelken – – Ich will dich noch am Stoke riechen – – (Er küßt sie.) – – O du balsamischer Athem, fast könntest du die Gerechtigkeit

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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/376&oldid=- (Version vom 1.8.2018)