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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

Jago.

Tugendhafter Pfifferling! Der Wein den sie trinkt ist aus Trauben gemacht. Wenn sie tugendhaft gewesen wäre, so würde sie sich nicht in den Mohren verliebt haben: Tugendhafter Quark! Hast du dann nicht gesehen wie sie mit seiner Hand auf- und abschaukelte? Hast du nicht darauf Acht gegeben?

Rodrigo.

Ja, das that ich; aber das war nur Höflichkeit.

Jago.

Leichtfertigkeit war’s, bey meiner Seele! Eine geheime Andeutung, ein stillschweigender Prologus zu einem Lustspiel, wo man keine Zuschauer verlangt. Sie kamen einander ja mit ihren Lippen so nah, daß ihr Athem sich vermischen und zusammenfliessen mußte. Das ist ein vertrakter Gedanke, Rodrigo! Wenn solche Vertraulichkeiten den Weg bahnen, so darf man sich darauf verlassen, daß die Haupt-Action bald nachkommen wird – – Fy, Henker! – – Aber, laßt euch nur von mir rathen, Herr. Ich hab’ euch von Venedig mitgebracht. Zieht mit auf die Wache diese Nacht, ich will euch dazu commandieren. Cassio kennt euch nicht; und ich will nicht weit von euch seyn. Seht daß ihr dann eine Gelegenheit findet, ihn aufzubringen; redet zu laut, oder haltet euch über seine Art zu commandieren auf, oder thut sonst was das ihn ärgern kan, wie es Zeit und Umstände an die Hand geben werden.

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William Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/238&oldid=- (Version vom 1.8.2018)