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William Shakespeare: Romeo und Juliette. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.

doch nicht wieder lebendig machen. Gieb dich also einmal zufrieden. Ein gemässigter Schmerz ist ein Beweis der Liebe; aber zuviel Schmerz beweist allemal zu wenig Verstand.

Juliette.

Ich kan einen so empfindlichen Verlust nicht zuviel beweinen.

Lady.

Auf diese Art verewigst du das Gefühl deines Verlusts, und kanst doch den Freund nicht zurük bringen, dessen Verlust du beweinst.

Juliette.

So wie ich den Verlust meines Freundes fühle, kan ich nicht anders als ihn immer beweinen.

Lady.

Gut, Mädchen, du weinst nicht so sehr um seinen Tod, als daß der Bösewicht lebt, der ihn ermordet hat.

Juliette.

Was für ein Bösewicht, Gnädige Frau?

Lady.

Was für ein andrer als Romeo?

Juliette (leise.)

Bösewicht, und er, sind manche Meilen von einander.

Empfohlene Zitierweise:
William Shakespeare: Romeo und Juliette. Übersetzt von Christoph Martin Wieland, Shakespear Theatralische Werke VII.. Orell, Geßner & Comp., Zürich 1766, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wieland_Shakespear_Theatralische_Werke_VII.djvu/120&oldid=- (Version vom 1.8.2018)