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dieser Beziehung von Müttern gesündigt. Würde man aber diesen Müttern all ihre Fehler vorhalten, die sie zum Nachteil der Töchter Freiern gegenüber begehen, – sie würden’s nie glauben, daß sie im Unrecht sind. Sie halten „ihre Methode“ nun mal für die richtige und werden selbst dadurch nicht klüger, daß der Erfolg aus- und Lottchen sitzen bleibt! – Was ich sonst noch über „Heiratsaussichten“ zu sagen habe, will ich später bei Abschnitt 6 tun. –

Weshalb scheuen sich nun so viele junge Leute vor Familienverkehr? – Diejenigen, die ihrer ganzen Lebensführung nach für diese harmlos-gemütliche Art des Umgangs verloren sind, die sog. „Lebemänner“, die „geistreichen“ Verspotter alles dessen, was zum deutschen Familienleben gehört, – die will ich hier fortlassen Bei ihnen ist doch zumeist Hopfen und Malz verloren. – Es gibt sehr viele junge Männer, die oft aus ganz merkwürdigen Gründen Familienverkehr meiden. Ich spreche auch hier aus eigener Erfahrung. Dieser und jener Bekannte hat mir mal sein Herz ausgeschüttet. – So sagte mir zum Beispiel Meier, der etwas schüchtern und unbeholfen ist: „Sehen Sie, Herr von Neuhof, ich war da mal zu Müllers nach dem Abendessen eingeladen. Es war sehr nett, sehr! – nur – wenn man so ein paar Tassen Tee getrunken hat, dann muß man doch auch mal verschwinden. Sie verstehen: Badezimmer und so! – Ich saß schließlich wie auf Nadeln. Ich schwitzte Angst. Ich hatte schon Schmerzen –! Und – da schwor ich einen furchtbaren Eid: nie wieder so ein Familienabend! Bei einer Gesellschaft kann man leicht mal unauffällig „abseits gehen“. Aber wenn man so nur mit der Familie um den Tisch herumsitzt, wenn dann noch zwei Töchter da sind, dann – dann muß man eben am Stuhl kleben bleiben! Und das hält 31/2 Stunden lang kein Mensch aus.“

Sehr lehrreich für Dich, verehrter Hausherr! Vergiß nie, einen Gast von Zeit zu Zeit in den Flur zu nehmen, unter dem Vorwand, ihm Deinen Ulster oder ähnliches zeigen zu wollen. Gib ihm also Gelegenheit, zu verschwinden. Und die Hausfrau sollte es mit jungen

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W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/63&oldid=- (Version vom 1.8.2018)