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Staubtuch unterm Arm haben, also, Reinlichkeitsfanatiker! Es sind dieselben Mütter, die wütend aufspringen, wenn der junge Schulze, der als Gast bei ihnen weilt, Asche auf das Tischtuch fallen läßt, die dann sofort die Asche mit dem Messer aufnehmen und dies mit einem Gesicht, als hätte der junge Mann einen Raubmord begangen! Oh – diese Sorte Hausfrauen ist gar nicht so selten!

Also, verehrte Mütter: macht es Euren berufstätigen Töchtern möglich, auch das zu lernen, was jedes Mädchen wissen sollte – wissen und können!

Dann: hütet Euch, sobald ein Freier in Sicht zu sein scheint, auf diesen – Jagd zu machen! Glaubt nicht, daß die Männer so kurzsichtig sind, dies nicht zu merken. Ladet ihn nicht in aufdringlicher Weise ein; arrangiert keine „Verlobungsvorfeiern“, bei denen dann Euer Lottchen im Kreise der Verwandtschaft dem Bewerber „auf dem Teebrett serviert wird,“ wie man zu sagen pflegt. Lobt Euer Lottchen nicht über den grünen Klee; weist nicht auf ihre vielfachen Tugenden und Fähigkeiten hin. All das sind – Abschreckungsmittel, keine – Fangmittel! – Soll ich Euch mal erzählen, wie es mir einst erging? Nun, ich verkehrte in einer Familie mit zwei Töchtern. Die ältere gefiel mir. Da wurde ich mal zum Kaffee eingeladen und fand die Wohnung leer – bis auf die ältere Tochter. Die anderen hatten „zufällig“ zu Onkel Max gehen müssen, erklärte „meine Liebe“. Da wurde ich stutzig, merkte, daß ich „geschlängt“ werden sollte und wurde – kühl bis ans Herz hinan, zumal die Ältere mich noch durch allerlei kokette Mätzchen zu „erwärmen“ suchte. – Nein – seid vorsichtig jedem Freier gegenüber. Jeder feinfühlige Mann wird dadurch, daß er herausmerkt, der Familienverkehr soll auch unbedingt zu einer Verlobung führen, unweigerlich abgeschreckt. Es gehört eben Taktgefühl dazu, hier von seiten töchterbegnadeter Eltern die richtige Grenze zwischen „Aufdrängen“ und einem herzlichen „Entgegenkommen“ zu finden. Besser ist stets etwas Zurückhaltung – stets! Nehmt dem Familienverkehr nicht das Zwanglose! – Wie unendlich viel wird gerade in

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)